Die Erleichterung des SFV-Juristen
Robert Breiter, Chefjurist des Schweizerischen Fussballverbandes, nimmt im Fall Sion zum Entscheid der Fifa Stellung.

Wie kommentiert der SFV den Beschluss der Fifa, keine Suspension zu verfügen?
Robert Breiter: «Wir haben diesen Beschluss zur Kenntnis genommen, sind natürlich erleichtert und möchten ihn nicht weiter kommentieren oder werten.»
Gilt die Transfersperre des FC Sion damit als verbüsst und kann der FC Sion nun Transfers tätigen?
«Gemäss dem Wortlaut des FIFA-Beschlusses wurde mit dem Punkteabzug der Transfersperre zum Durchbruch verholfen, weshalb wir aktuell davon ausgehen, dass der FC Sion diesen Winter Transfers tätigen kann.»
Sind die sechs Spieler respektive jene, die noch beim FC Sion sind, in der zweiten Saisonhälfte spielberechtigt?
«Diese Spieler wurden bis heute durch die Swiss Football League nicht qualifiziert. Wenn sie aber jetzt entsprechende Qualifikationsgesuche bei der SFL einreichen, sollten diese wie erwähnt akzeptiert werden, womit die Spieler fortan spielberechtigt wären. Der Entscheid dazu obliegt jedoch der Qualifikationskommission der SFL.»
Hätte der SFV nicht früher eingreifen und so ein derart hartes Strafmass wie der Abzug von 36 Punkten auf einen Schlag vermeiden müssen?
«Das möchten wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr kommentieren. Es wurden ja schon früher Forderungen nach noch grösserer Tragweite laut (unter anderem Ausschluss aus dem Schweizer Cup - Red.). Wir halten an unserer Darstellung fest, dass ein früheres Eingreifen nicht möglich war.»
Hat der SFV Sion damit nicht zum Abstieg verurteilt?
«Nein. Wenn der FC Sion in ähnlichem Mass punktet wie in der ersten Saisonhälfte, kann er auf 25 bis 30 Zähler kommen. Und in der letzten Saison erreichte Bellinzona mit 25 Punkten die Barrage.»
Welche Möglichkeiten hat der FC Sion nun? Internationaler Sportgerichtshof CAS oder Bundesgericht, wie in gewissen Medien berichtet wird? Immerhin habe der SFV ja angeblich seine Statuten verletzt.
«Der SFV hat aus unserer Sicht die Statuten natürlich nicht verletzt, sondern auf Grund der Lage und des Falles, welcher in den Statuten nicht explizit geregelt ist, nach bestem Wissen und Gewissen einen Beschluss gefasst. Der FC Sion kann gemäss den Statuten des SFV innert zehn Tagen ab Eröffnung des Beschlusses das CAS anrufen. Die direkte Anrufung des Bundesgerichtes ist ausgeschlossen.»
Chronologie der Ereignisse im Fall Sion
- Am 22. Februar 2008 verpflichtet der FC Sion den ägyptischen Goalie Essam El Hadary. Sein bisheriger Klub, Al Ahly aus Kairo, unterstellt dem Internationalen Vertragsbruch. Dennoch debütiert El Hadary am 21. April 2008 für die Walliser und verlässt den Klub etwas mehr als ein Jahr später wieder nach zahlreichen enttäuschenden Leistungen.
- Am 2. Juni 2009 verurteilt die Fifa El Hadary und den FC Sion zu einer Zahlung von 1,36 Millionen Franken an Al Ahly. Zudem wird Sion mit einer einjährigen Transfersperre belegt.
- Am 13. Juni 2009 verpflichtet der FC Sion den Franzosen Abdoul Karim Yoda. Der juristische Krieg zwischen Sion und der Fifa hat definitiv begonnen.
- Am 2. Juli 2009 setzt der Sportgerichtshof CAS die Strafe gegen den FC Sion aus, bis das Urteil der höchsten Sportgerichtsbarkeit feststeht.
- Am 1. Juni 2010, fast ein Jahr nach dem Einspruch von Sions Präsident Christian Constantin, entscheidet der CAS gegen die Walliser. Die Transfersperre bleibt bestehen, die Busse wird leicht reduziert.
- Am 16. Juli 2010 und bis zum Ende der laufenden Transferperiode darf der FC Sion trotzdem wieder Transfers tätigen. Er protestiert bei der Swiss Football League erfolgreich. Die SFL stellte den Wallisern den Entscheid, wonach sie keine Transfers tätigen dürfen, zu spät rechtskräftig zu.
- Im Winter 2010/2011 verpflichtet Sion keine Spieler. Das Urteil des Bundesgerichts, das die Transfersperre der Fifa gegen Sion in Januar 2011 bestätigt, tut Constantin nicht weh. «Wir haben einmal 25 Tage und einmal 30 Tage keine Transfers getätigt. Das kommt einer ganzen Transferperiode gleich.»
- Die Fifa teilt die Interpretation von Constantin nicht. Am 15. Juli 2011 verweigert die Qualifikationskommission der SFL auf Druck des Weltverbandes Pascal Feindouno, Gabri, Stefan Glarner, José Gonçalves, Billy Ketkeophomphone und Mario Mutsch die Spielberechtigung. Constantin will vor dem CAS protestieren.
- Am 5. August 2011 lizenziert die SFL die sechs Neuzugänge, weil Constantin vor dem Bezirksgericht in Martigny eine superprovisorische Verfügung erlangt hat.
- Am 6. August werden die Spieler kurz vor dem Anpfiff für die Partie in Basel gesperrt, weil sie mit dem Gang vor dem Zivilgericht gegen die SFL-Statuten verstossen haben. Danach kommen sie wieder zum Einsatz. Die meisten Gegner spielen unter Protest.
- Am 2. September schliesst die Uefa den FC Sion von der Europa League aus, weil er im Playoff gegen Celtic Glasgow die sechs Neuzugänge eingesetzt hatte.
- Am 13. September verlangt das Kantonsgericht Waadt superprovisorisch die Wiedereingliederung Sions in der Europa League. Die Uefa weigert sich.
- Am 28. September bestätigt das Bezirksgericht in Martigny seinen Entscheid vom 5. August. Sions Neuzugänge bleiben in der Axpo Super League spielberechtigt.
- Am 3. Oktober zieht der FC Sion seinen Rekurs vor dem CAS zurück.
- Am 19. Oktober werden die sechs Neuzugänge für fünf Spiele gesperrt, weil sie mit dem Gang vor das Zivilgericht gegen die Statuten der SFL verstossen haben.
- Am 18. November hebt das Walliser Kantonsgericht die provisorische Spielberechtigung für die sechs Neuzuzüge auf.
- Am 24. November klagt Constantin gegen den französischen Verband. Er will zehn Millionen Euro Schadenersatz, «weil der französische Verband Rennes für die Europa League eingeschrieben hat, einen Wettbewerb, von dem Sion widerrechtlich ausgeschlossen worden ist».
- Am 8. Dezember weist die Disziplinarkommission alle Proteste und Einsprachen gegen die Wertung der Partien ab, an denen die sechs Neuzugänge teilnahmen. Die Walliser behalten sämtliche Punkte. Einige Konkurrenten planen den Gang vor den CAS.
- Am 15. Dezember verweigert der von der Uefa aufgerufene CAS dem FC Sion die Teilnahme an der Europa League. Sion zieht den Fall weiter an das Bundesgericht.
- Am 17. Dezember droht die Fifa beim Kongress in Tokio dem Schweizerischen Fussballverband mit der Suspendierung. Der Weltverband will, dass die Meisterschaftspartien, in denen Sion mit den Neuzugängen antrat, Forfait gewertet werden.
- Am 29. Dezember reicht Constantin in Zürich Strafanzeige wegen Nötigung gegen die Fifa-Exekutivmitglieder ein.
- Am 30. Dezember zieht der Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbandes dem FC Sion 36 Punkte ab. Dadurch fällt der Sittener Verein mit -5 Punkten ans Tabellenende der Super League.
- Am 3. Januar 2012 verlässt Pascal Feindouno, der erfolgreichste der sechs umstrittenen Neuzugänge, den Verein per sofort. Er hatte um die Auflösung seines Vertrages gebeten.
- Am 6. Januarhebt die Fifa das Ultimatum gegen den SFV auf. Die Vorgaben des Exekutivkomitees seien erfüllt worden, heisst es von der Fifa. Der Schweizerische Fussballverband werde somit nicht suspendiert.
si/ot
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch