«Die erste Nacht unter der Scharia verbracht»
Nachdem die Afrikanische Union gestern Sanktionen gegen die meuternden Soldaten in Mali beschlossen hat, ziehen die USA nach. Islamistische Rebellen wollen im ganzen Land das Scharia-Recht verhängen.
Nach ähnlichen Schritten afrikanischer Staaten haben auch die USA Sanktionen gegen die herrschende Militärjunta in Mali verhängt. Diejenigen, die «Malis Rückkehr zu einer zivilen Führung und einer demokratisch gewählten Regierung blockieren» würden mit Reiseverboten belegt.
Damit seien auch Familienmitglieder der Putschisten gemeint sowie diejenigen, die den Anführer der meuternden Soldaten, Amadou Sanogo, «aktiv unterstützen», erklärte das US-Aussenministerium am Dienstag.
USA fordern Dialog statt Gewalt
Die USA riefen die Militärjunta in Mali zudem erneut dazu auf, «unverzüglich» die zivile Ordnung in dem afrikanischen Land wieder herzustellen. Zuvor hatte Washington bereits die Rebellen im Norden des Landes aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen und ihr Anliegen im Dialog statt mittels Gewalt vorzubringen.
In strategisch wichtigen Städten im Norden Malis hatten Islamisten in den vergangenen Tagen die Oberhand gewonnen. Sie hatten zunächst an der Seite der Tuareg-Rebellen gekämpft. Ebenfalls am Dienstag hatte die Afrikanische Union (AU) Sanktionen gegen die Junta verhängt.
Mithilfe der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) sollten diejenigen Personen ermittelt werden, gegen die Sanktionen verhängt werden, teilte ein AU-Verantwortlicher in Addis Abeba mit. Eine Gruppe von Soldaten hatte am 22. März in Bamako die Macht an sich gerissen und den Präsidenten Amadou Toumani Touré entmachtet.
Afrikanische Union friert Guthaben ein
Zuvor hatten schon die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) sowie die Afrikanische Union Sanktionen gegen die Putschisten beschlossen. Die Union plant Einreiseverbote gegen Militärvertreter und will Guthaben einfrieren. Dies erklärte Kommissar Ramtame Lamamra am Dienstag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.
Die gleichen Sanktionen sollen auch für die Rebellen und bewaffneten Gruppen gelten, die derzeit den Norden Malis unsicher machen. Mithilfe der Ecowas will die Afrikanische Union diejenigen Personen ermitteln, die mit Sanktionen belegt werden. Lamamra sagte ausserdem, die Organisation unterstütze die Entscheidung der Ecowas, Eingreiftruppen in Alarmbereitschaft zu bringen.
Am Montag hatte die Ecowas wirtschaftliche Sanktionen gegen die Putschisten verhängt. In der Folge bildeten sich am Dienstag in der Hauptstadt Bamako lange Schlangen vor den Tankstellen. Aus Angst vor Plünderungen schlossen einige Tankstellen bereits am Montagabend.
Islamisten vertreiben vormalige Verbündete
Die Rebellen gewinnen im Norden des Landes offenbar zusehends die Oberhand. In strategisch wichtigen Städten verhängten die Islamisten nach eigenen Angaben das islamische Scharia-Recht.
Die Islamisten, die zunächst an der Seite der Tuareg gekämpft hatten, vertrieben ihre vormaligen Verbündeten am Montag aus der Stadt Timbuktu. Mit der Unterstützung des Al-Qaida-Anführers Mokhtar Belmokhtar nahmen sie die historische Handelsstadt ein und verhängten dort nach eigenen Angaben islamisches Recht. «Timbuktu hat seine erste Nacht unter der Scharia verbracht», sagte ein Beamter.
Nach seinen Angaben hatte der Anführer der Islamistengruppe Ansar Dine, Iyad Ag Ghaly, am Montagabend die Imame der Stadt getroffen und ihnen erklärt, er sei nicht gekommen, um Unabhängigkeit zu erlangen, sondern um islamisches Recht zu etablieren. Bewohner der Stadt berichteten, Frauen seien angewiesen worden, einen Schleier anzulegen und keine Hosen mehr zu tragen.
Scharia erzwingen
Während die Tuareg-Rebellen im Norden Malis einen eigenen Staat errichten wollen, wollen die Islamisten in ganz Mali die Einführung der Scharia erzwingen. Innerhalb von wenigen Tagen hatten die verschiedenen schwer bewaffneten Gruppen ohne grossen Widerstand der malischen Armee mit Kidal, Gao und Timbuktu die drei wichtigsten Städte im Norden des Landes eingenommen.
Angesichts der Vorstösse der Rebellen warnte die französische Regierung vor der Gründung einer «islamistischen Republik». Ein Teil der Rebellen im Norden habe möglicherweise vor, «das gesamte malische Staatsgebiet zu erobern, um daraus eine islamistische Republik zu machen», sagte Aussenminister Alain Juppé am Dienstag.
Der französische UNO-Botschafter Gérard Araud sagte, im Sicherheitsrat gebe es bereits eine «grundsätzliche Einigung» auf eine Erklärung zu den Vorgängen in Mali. Er hoffe, dass die Erklärung noch am Dienstag oder am Mittwoch angenommen werde.
200'000 Flüchtlinge
Insgesamt sind aufgrund der Kämpfe in Mali allein seit Januar 200'000 Menschen zu Flüchtlingen geworden, wie das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) mitteilte. Etwa die Hälfte davon flüchtete innerhalb der Landesgrenzen, die anderen suchten grösstenteils in den Nachbarländern Zuflucht.
«Die Zahl von 200'000 droht weiter anzusteigen», sagte die Sprecherin des UNO-Welternährungsprogramms, Elisabeth Byrs, am Dienstag in Genf.
Das malische Militär hatte am 22. März die Regierung von Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt und die Macht an sich gerissen. Die meuternden Soldaten verlangten unter anderem eine bessere Ausrüstung für den Kampf gegen die Tuareg-Rebellen.
SDA/wid/fko
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