Die falschen Konservativen
Mitt Romney verliert die Unterstützung der US-Konservativen. Die christlichen Traditionalisten merken, dass er ein verkleideter Neoliberaler ist. Der gleiche Interessenkonflikt zeichnet sich auch in der SVP ab.

Edward Conard war die Nummer zwei hinter Mitt Romney bei der Beratungsfirma Bain Capital Group. Wie Romney hat er ein Vermögen in der Höhe von Hunderten Millionen verdient. Die beiden sind heute noch gute Freunde. Conard hat im Frühsommer ein Buch mit dem Titel «Unintended Consequences» veröffentlicht. Darin schildert er sehr offen die Denkweise der US-Wirtschaftselite, deren Interessen Romney vertritt.
Conard macht überhaupt kein Geheimnis daraus, dass die Verbindung von Konservativen und neoliberalen Geschäftsleuten eine reine Zweckehe ist. Die Neoliberalen brauchen die christlichen Fundamentalisten, weil sie selbst höchstens auf einen Wähleranteil von 35 Prozent kommen. Die restlichen 15 Prozent stammen aus der christlich-konservativen Ecke. Die Rechnung geht auf. «Die Menschen haben die Reagan-Regierung in Erinnerung als eine Allianz mit der christlichen Rechten», stellt Conard fest. «Das hat es ihr möglich gemacht, die Grenzsteuersätze zu senken, die Inflation zu zähmen und verschiedenste Industrien wie Transport, Telekommunikation und Airlines zu deregulieren», so Conard.
Kein statistischer Zufall mehr
Mitt Romney will mit dem gleichen Rezept den amtierenden Präsidenten aus dem Amt kippen. Doch bisher will es nicht klappen. Die neuesten Umfragen zeigen, dass Barack Obama trotz nach wie vor katastrophal hoher Arbeitslosigkeit in der Gunst der Wähler davonzieht. Der Abstand ist vor allem in den alles entscheidenden Wackelstaaten so gross geworden, dass es kein statistischer Zufall mehr sein kann. Deshalb beginnen die Politgurus bereits darüber zu spekulieren, warum Romney eine Wahl verliert, die er angesichts der Wirtschaftslage eigentlich gar nicht verlieren kann.
Eine einleuchtende Erklärung hat der neokonservative Kolumnist David Brooks in der «New York Times». Sie lautet zusammengefasst wie folgt: Die Zweckehe von Neoliberalen und Neokonservativen zerbricht. Reagan war es gelungen, unternehmerisches Risikodenken und konservative Familienwerte unter einen Hut zu bringen. «Die wirtschaftlich Konservativen waren zuständig für risikoreiche Investitionen, die zu Wachstum führten», stellt Brooks fest. «Die Traditionalisten sorgten für eine sichere Basis – eine Gesellschaft mit intakten Familien, Selbstdisziplin, in der die Kinder sicher sind und die Regierung nur sanft eingreift.»
Fundamentalisten fühlen sich von Romney missbraucht
Unter Mitt Romney funktioniert diese Arbeitsteilung nicht mehr. Die Fundamentalisten fühlen sich immer häufiger missbraucht. «Weil sie nicht mehr die Sprache der sozialen Gerechtigkeit sprechen, haben die Republikaner den weniger gut Ausgebildeten in diesem Land nichts mehr zu sagen», stellt Brooks fest.
«Republikaner wiederholen Formeln, die Sinn machen in einer radikalen Ideologie des freien Marktes, die aber die wirkliche Welt zu vereinfacht darstellen.» Die Zuwendung zu den rein wirtschaftlichen Interessen einer neuen Finanzelite frustriert auch den bekennenden Neokonservativen Brooks. Er hat lange Romney unterstützt, jetzt lässt er ihn fallen.
Sesselkleber gegen Jungdynamiker
Eine Zweckehe von Neoliberalen und Neokonservativen bildet auch die Basis des Erfolges der SVP. Wie Ronald Reagan ist es Christoph Blocher gelungen, Banker und Büezer zu vereinen. Die Klammer bildete dabei nicht christlicher Fundamentalismus, sondern der Kampf gegen EU und Ausländer.
Doch in jüngster Zeit mehren sich die Anzeichen, dass auch innerhalb der SVP die Arbeitsteilung nicht mehr stimmt. Hinter den Auseinandersetzungen zwischen Alten (Bortoluzzi, Fehr) und Jungen (Rutz, Matter) geht es vordergründig um Sesselkleber gegen Jungdynamiker. Doch möglicherweise dämmert es auch den Traditionalisten innerhalb der SVP allmählich, dass ihr neoliberaler Banker-Flügel letztlich aus falschen Konservativen besteht, denen es einzig ums Geschäft geht.
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