«Die Festnahmen haben Syrien in ein riesiges Gefängnis verwandelt»
Wie zuvor in der Stadt Daraa haben syrische Regierungstruppen auch in Banias damit begonnen, zahlreiche Menschen festzunehmen. Die Armee beginnt damit, die allevitische Minderheit zu bewaffnen.
In Syrien haben Regierungstruppen nach Angaben der Demokratiebewegung eine weitere Protesthochburg eingenommen. In der Küstenstadt Banias seien Soldaten in mehrere Bezirke vorgedrungen, die in der Hand der Demonstranten gewesen seien. Dies sagte ein Anführer der dortigen Protestbewegung der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. Wie zuvor in Daraa habe die Armee auch in Banias damit begonnen, Verdächtige festzunehmen.
In Banias kontrollierten Soldaten nach Oppositionsangaben die Personalien von Zivilisten und führten zahlreiche Männer ab. «Sie haben es auf Sunniten abgesehen», sagte der Protestanführer Anas al-Schughri. Die Armee bewaffne zudem Mitglieder der allevitischen Minderheit und hetze gegen die sunnitische Mehrheit. Al-Assad gehört wie viele weitere Militärs zu den Alleviten, die wiederum einen Zweig der Schiiten bilden.
Über 560 Tote
Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden in den vergangenen Tagen mehr als 1000 Regierungskritiker in Haft genommen. Viele weitere seien als vermisst gemeldet worden. Der Vorsitzende der Nationalen Organisation für Menschenrechte in Syrien, Ammar Kurabi, erklärte am Dienstag, seine Gruppe habe die Namen der Menschen dokumentiert, die seit Samstag bei Razzien festgenommen worden seien. «Die Festnahmen haben Syrien in ein riesiges Gefängnis verwandelt», sagte Kurabi gegenüber der Nachrichtenagentur AP. In Daraa, der Hochburg der Proteste gegen Präsident Assad, habe die Polizei vor allem Männer unter 40 Jahren aufgegriffen.
Der syrische Präsident Bashar al-Assad sieht sich seit sechs Wochen wachsender Proteste gegen seine Regierung ausgesetzt. Das Regime reagierte mit Gewalt. Seit Beginn der Offensive gegen die Protestbewegung kamen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 560 Zivilpersonen ums Leben.
Die Kritik Erdogans
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) forderte Syrien auf, ihm umgehend Zugang zu Menschen zu gewähren, die bei den Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Soldaten verletzt wurden. Ein Sprecher sagte, man habe gemeinsam mit dem Roten Halbmond bisher nur Patienten in den Spitälern der Hauptstadt Damaskus erreicht. Bislang sei es nicht möglich gewesen, Verletzte in der belagerten Stadt Daraa im Süden des Landes zu erreichen.
Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan ging am Dienstag auf Distanz zu seinem Verbündeten: «Syrien sollte nicht ein weiteres Massaker wie Hama erleben.» Er habe dies dem syrischen Präsidenten auch persönlich gesagt. In der Stadt Hama hatte Bashar al-Assads Vater und Amtsvorgänger Hafez al-Assad 1982 einen Islamisten-Aufstand im Keim ersticken lassen: Tausende Menschen wurden getötet, darunter auch zahlreiche Frauen und Kinder.
SDA/jak
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