Die Freude am Alkoholkonsum «Wer gerne trinkt, muss auch den Kater lieben», TA vom 28. Mai
Die Freude am Alkoholkonsum «Wer gerne trinkt, muss auch den Kater lieben», TA vom 28. Mai Industrie bekämpft Prävention. Der Alkoholkonsum gehe insgesamt zurück, behauptet Peter Richter. Schön wäre es. Tatsache ist, dass der Markt in der industrialisierten Welt ziemlich gesättigt ist, dafür vervielfachen die Alkoholmultis ihre Anstrengungen zur Gewinnung der Jugend sowie in den Schwellenländern und in der Dritten Welt, die über keine Erfahrung in abwehrender Alkoholpolitik und über kein soziales Auffangnetz verfügen. Endlich hat die WHO im Mai 2010 mit ihrer globalen Alkoholstrategie reagiert, und in der EU kämpft die Alkoholindustrie noch verbissen gegen Präventivmassnahmen, die dringend nötig sind. Auch in der Schweiz. Selbst wenn früher mehr Alkohol getrunken wurde, die Auswirkungen der Schäden liegen heute in einer ganz anderen Dimension. Ein schöner Ausspruch Richters ist: «Gefahr und Gefährdung gehören zu dem, was das Leben lebenswert macht.» Er versucht zwar gleich, die Schärfe herauszunehmen, indem er auf die Verheerungen verweist, die der Alkohol anrichten kann. Für die Gesellschaft, für den einzelnen Betroffenen und sein Umfeld wird dieser Ausdruck von grenzenlosem Egoismus jedoch damit nicht geniessbarer. Dass die Gesellschaft jetzt von einem Extrem ins andere falle, ist eine schamlose Falschmeldung. Seit über 50 Jahren hat es in der Schweiz keine Volksabstimmung mit einem positiven Ausgang in Richtung mehr Alkoholprävention gegeben. Alle Vorlagen wurden mithilfe der Wirtschaftsverbände bachab geschickt. Seit den 90er-Jahren findet eine beispiellose Liberalisierung in Bezug auf den Alkohol statt. Die einzige Verbesserung war nach langem Kampf die erfolgreiche Herabsetzung der Promillegrenze und die notfallmässig eingeführte Alcopopsteuer. Peter Richters Schutzbehauptung, er schreibe nicht das Hohelied des Saufens, provoziert immerhin noch die Gegenfrage «Sondern?». Die Antwort, Alkohol sei ein Freund, aber auch ein gefährlicher Gegner, ist ein Widerspruch in sich. Zum Schluss bedient sich der Autor noch des griechischen Gottes Dionysos. Er mache «die Seinen stark, den Abtrünnigen raubt er die Kräfte». Dabei sind es gerade «die Seinen», die in der Suchtklinik enden, und wenn diese einigermassen trocken zu den Abtrünnigen gehören, beginnen sie ein neues Leben, wenn sie das Glück haben, eine gute Nachbetreuung zu erfahren. Hermann T. Meyer, Effretikon
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