Die Grimsel-Staumauer und Plan B
Die Kraftwerke Oberhasli haben nach dem Bundesgerichtsurteil die Wahl, ob sie auf die Mauererhöhung an der Grimsel setzen wollen – oder auf das Trift-Projekt.

Mit dem grünen Licht aus Lausanne für die Erhöhung der Grimselstaumauer haben die Kraftwerke Oberhasli (KWO) plötzlich eine Auswahl. Bisher haben sie das Projekt Trift-Kraftwerk vorangetrieben. Dabei geht es um die Nutzung eines Sees, der infolge des Abschmelzens des Triftgletschers entstanden ist, für die Stromerzeugung. Nun könnten sie stattdessen auch wieder auf ihr altes Projekt einer Aufstockung der Grimselstaumauer setzen. Laut KWO-Verwaltungsratspräsident und BDP-Ständerat Werner Luginbühl werden die KWO sich zwischen den zwei Ausbauprojekten entscheiden. Denn es sei klar, dass sie «nur eines der beiden Projekte in den nächsten Jahren realisieren können».
Rentabilität ist ungewiss
Wenn überhaupt. Denn die Börsenpreise für Strom sind in Europa und der Schweiz nach wie vor auf Rekordtiefen. «Die Langfristverträge an der Börse zeigen, dass die Marktteilnehmer für die nächsten fünf Jahre kein Ansteigen der Strompreise erwarten», sagt Patrick Dümmler, Energieexperte des wirtschaftsnahen Thinktanks Avenir Suisse. Es gebe jedoch «ein grosses Aber». In Deutschland werden bis 2022 alle Atomkraftwerke abgeschaltet, und bei vielen AKW in Frankreich bestehe grosser Erneuerungsbedarf. «Dies wird zwar nicht zu einem Stromengpass, aber doch vielleicht zu einem gewissen Anstieg der Strompreise führen», sagt Dümmler. «In einem solchen Umfeld könnten Investitionen in Schweizer Wasserkraftwerke langfristig Sinn machen.»
Dass die Rentabilität des einen wie des anderen Ausbauprojekts ungewiss ist, wissen auch die KWO. Schliesslich hatte ihr Hauptaktionär, der bernische Energiekonzern BKW, schon 2014 die Erhöhung der Grimselstaumauer aus wirtschaftlichen Gründen zurückgestellt. Die KWO haben zudem die Projekte für zwei Pumpspeicherwerke, die bereits bewilligt waren, aus wirtschaftlichen Gründen sistiert.
KWO setzen auf Energiestrategie
Bei den beiden Ausbauprojekten Trift und höhere Grimselstaumauer sei die Lage anders, sagt KWO-Präsident Luginbühl. «Mit der Energiewende entsteht ein verstärkter Bedarf nach Winterstrom, zu dem beide Projekte einen wichtigen Beitrag leisten können.» Dies weil die Solarenergie im Sommer mehr Strom liefert und weil absehbar ist, dass mit den AKW auch deren Stromproduktion im Winter mit der Zeit wegfallen wird. Die KWO investierten aber, so Luginbühl, «nur unter der Voraussetzung, dass die Energiestrategie am 21. Mai vom Volk angenommen wird».
Denn diese sieht eine wenn auch eher bescheidene finanzielle Förderung für neue Wasserkraftwerke vor. Die Abgabe für erneuerbare Energien auf dem Strompreis soll um 0,8 Rappen pro Kilowattstunde erhöht werden (was einen durchschnittlichen Haushalt 40 Franken pro Jahr kosten würde). Davon sind 0,1 Rappen für neue grosse Wasserkraftwerke reserviert. Energieexperte Dümmler lehnt solche Subventionen als marktverzerrend ab. Er räumt aber ein, «dass sie einen Investitionsentscheid zumindest versüssen können».
Umweltverbände eher für Trift
Auf welches der beiden Ausbauprojekte die KWO setzen werden, kann der regionale Programmleiter des WWF, Jörg Rüetschi, nicht beurteilen. Er vermutet, dass dies auch davon abhängen werde, ob und wie rasch die KWO die bestehende Staumauer aus Sicherheitsgründen sanieren müssen. Für die Umweltverbände sei aber klar, welches Projekt sie bevorzugten. «Das Trift-Projekt begeistert uns zwar auch nicht, es wäre aber klar ein kleineres Übel als die Erhöhung der Staumauer», sagt Rüetschi. Man habe mit den KWO bisher «sehr konstruktive Gespräche» über das Trift-Projekt geführt und sei von Umweltseite her «grundsätzlich bereit, es den KWO zuzugestehen».
Die Erhöhung der Grimselstaumauer werde man dagegen soweit möglich weiter bekämpfen. Er verweist darauf, dass das Bundesgericht den Fall an das bernische Verwaltungsgericht zurückgewiesen hat. «Es sind durchaus noch Fragen offen, die bisher nicht beurteilt wurden.»
Dass die KWO für die höhere Grimselstaumauer allenfalls Fördergelder beanspruchen könnten, die im Rahmen der Energiestrategie beschlossen würden, freut den WWF nicht. Dies sei aber kein Argument gegen die Vorlage, sagt Rüetschi, der die Ja-Kampagne der bernischen Umweltverbände für die Energiestrategie leitet. «Natürlich ist die Vorlage ein politischer Kompromiss, der auch uns nicht in jedem Punkt gefällt», räumt er ein. Und betont, «dass es durchaus andere und für uns bessere Lösungen gibt». So müsse der Strombedarf im Winter massiv reduziert werden, indem man die Elektroheizungen schneller als bisher ersetze.
Dennoch befürchtet Rüetschi nicht, dass die Energiestrategie wegen der Wasserkraftförderung von Naturschützern abgelehnt werde. Wer dies erwäge, müsse sich die Frage stellen, was nach einem Nein zur Energiestrategie komme. «Entweder gar keine Veränderung zum Besseren. Oder dann eine Energiestrategie, die von der SVP diktiert wird und für die Umwelt verheerend wäre.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch