Die grösste Schattenbank der Welt
Der nicht regulierte Bankensektor ist in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Einer der grössten Akteure ist der US-Vermögensverwalter Blackrock, der neue Arbeitgeber des Ex-SNB-Chefs Philipp Hildebrand.
Schattenbanken und ihr System sind in diesen Tagen ein grosses Thema in den Medien. Unter dem Begriff Schattenbanken werden Gesellschaften zusammengefasst, die Bankaktivitäten wie die Kreditvermittlung ausserhalb des regulären Bankensystems ausführen. Laut Schweizer Experten pumpen undurchsichtige Finanzakteure heute sogar mehr Geld ins Wirtschaftssystem als noch vor fünf Jahren.
Den Regierungen sind Schattenbanken daher ein Dorn im Auge. Sie wollen gegen den Wildwuchs vorgehen. Am Sonntag sprach sich das Financial Stability Board, ein Zusammenschluss führender Notenbanken und Finanzbehörden mit Sitz in Basel, dafür aus, die Schattenbanken ans Licht zu zerren, indem die Aufsichtsorgane gestärkt und Kapital- sowie Liquiditätsstandards gestrafft werden.
Einer der grössten Akteure in dieser undurchsichtigen Welt der Finanzen ist der amerikanische Vermögensverwalter Blackrock mit Sitz in New York, der neue Arbeitgeber von Philipp Hildebrand, zuletzt Chef der Schweizerischen Nationalbank. Die «Süddeutsche Zeitung» hat das Unternehmen in einem Porträt (Artikel online nicht verfügbar) genauer unter die Lupe genommen, denn die Firma blieb bis heute weitgehend in der Öffentlichkeit unbekannt. Und dies, obwohl Blackrock durch Zukäufe eine enorme Wachstumsphase hinter sich hat.
3,6 Billionen Dollar Kundenvermögen
Imposant ist die Marktmacht von Hildebrands neuem Arbeitgeber. Sie ist aber genauso unheimlich. Wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt, verwaltet das Unternehmen mehr als 3,6 Billionen Dollar Kundenvermögen. Genug, um damit alles zu kaufen, was die deutsche Wirtschaft pro Jahr produziert. Weil Blackrock eine reine Anlagefirma ist, gelten die strengen Kapitalvorschriften für Kreditinstitute, auf die sich die Regierungen der führenden Industrie- und Schwellenländer nach der Finanzkrise von 2008 einigten, nicht.
Blackrock ist eine typische Schattenbank, weil sie im Reich der Geldmarktfonds, der Beteiligungsgesellschaften, der Hedgefonds und der Vermögensverwalter operiert. Es ist eine parallele Finanzwelt, in der die meisten Aufsichtsbehörden wenig zu melden haben. Schattenbanken florieren dort, wo sich Banken wegen zu grosser Risiken oder zu strenger Vorschriften zurückgezogen haben. Und die Summen sind gewaltig. Binnen weniger Jahre hat sich die Zahl der Finanzgeschäfte verdoppelt, die jenseits des klassischen Bankgewerbes abgewickelt werden. 67 Billionen Dollar sind es inzwischen.
Anlagegigant ist «too big to fail»
Das Geld, das Blackrock verwaltet, stammt von Universitäten, Stiftungen, Staatsfonds, Wohltätigkeitsorganisationen, Rentenkassen und Versicherungen. Und es steckt in Aktien, Anleihen, Immobilien, Geldmarktfonds und sonstigen Kreditderivaten. Blackrock beschäftigt mehr als 10'000 Mitarbeiter und unterhält Büros in allen globalen Finanzzentren. Anders als die meisten Grossbanken handelt der Finanzgigant nicht auf eigene Rechnung, sondern legt ausschliesslich das Vermögen seiner Klienten an.
Auch wenn das Risiko, das von der Vermögensverwaltung ausgeht, nicht so gross ist wie bei einer Investmentbank, steht viel Geld auf dem Spiel. Inzwischen ist Blackrock so gross und hat auf vielen Märkten eine so bedeutende Rolle, dass für die Finanzfirma das gleiche Prinzip gilt wie für Investmentbanken: «too big to fail».
Auch in Europa äusserst aktiv
Und die Firma will weiter expandieren. Wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt, hat sich Blackrock während der letzten drei Jahre zu einer Krisenreaktionskraft auf den globalen Finanzmärkten ausgebaut. Für das amerikanische Finanzministerium sichtet Blackrock toxische Wertpapiere, mit denen die Wallstreet die globalen Kapitalströme verseucht hatte. Angefangen mit Bear Stearns über den Versicherer AIG, die Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac bis hin zur Citigroup – es gab im Unglücksjahr 2008 kaum eine Rettungsaktion, an der Blackrock nicht verdiente. Aber auch in Europa ist Blackrock aktiv: Im Auftrag der griechischen Zentralbank durchstöbert das Unternehmen die Bilanzen der maroden Banken, die jahrelang die Schuldenpolitik des Landes finanziert haben, ohne je die Möglichkeit eines Zahlungsausfalls in Betracht zu ziehen. Auch in Irland dienen Blackrocks Analysen als Grundlage für die Reanimation klinisch toter Banken.
Dass Blackrock eine wichtige Rolle im Finanzsystem spielt, zeigt auch die Tatsache, wie eng deren Chef Laurence Fink mit der US-Regierung vernetzt ist. Vor einigen Wochen hat die «Financial Times» aus der Kontaktliste des amerikanischen Finanzministeriums zitiert. 49-mal hatte Fink demnach in den vergangenen 18 Monaten mit dem amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner telefoniert. Als die Staatsschuldenkrise in Amerika im Sommer 2011 einen vorläufigen Höhepunkt erreichte, war Fink den Aufzeichnungen zufolge sogar der zweite Mann nach Zentralbankchef Ben Bernanke, den Geithner informierte – noch vor den Chefs der Investmentbanken an der Wallstreet.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch