Die grosse Enttäuschung
Nach König Mohammeds Ankündigung von Reformen herrscht in Marokko grosse Ernüchterung: Der Monarch behält das Heft weitgehend in der Hand. Doch ist es nicht das erste Mal, dass er Versprechen bricht.

Zwischen Hoffnung und Wirklichkeit klaffen manchmal tiefe Gräben. Als Marokkos König Mohammed VI. im März eine tiefgreifende Verfassungsreform ankündigte, hofften viele seiner Untertanen, er werde eine moderne Monarchie auf der Basis von Gewaltenteilung einführen.
Nach der Verkündung der Reformen am Freitagabend sind die Anhänger der Protestbewegung enttäuscht: Zwar gibt der 47-jährige Monarch einen Teil seiner Befugnisse ab, das Heft behält er aber weiterhin in der Hand. Damit wiederholt sich das Muster von Mohammeds bisheriger Regentschaft.
Alles soll besser werden
Als Mohammed VI. im Juli 1999 nach dem Tod seines Vaters Hassan II. auf den Thron kam, hofften viele, dass der 35-jährige Monarch das Land reformiere.
Kaum an der Macht, beschrieb er ungeschönt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage seines Lands, sprach von den tiefen sozialen Gräben, von der hohen Arbeitslosigkeit, der grassierenden Korruption, der Benachteiligung der Frauen - und versprach, dass alles besser werden soll.
Hoffnungsvolle Anfänge
Die Anfänge liessen hoffen: Der diplomierte Jurist und Politikwissenschaftler, der über die Beziehungen der Maghreb-Staaten zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft promovierte, trennte sich als erstes von dem mächtigen und ungeliebten Innenminister seines Vaters, Driss Basri.
Weiter liess er Oppositionelle aus dem Ausland zurückkehren und entliess den Islam-Gelehrten Abdessalam Yassine aus zehnjährigem Hausarrest. 2004 setzte der König gegen den Widerstand der islamistischen Opposition ein neues Familiengesetz durch, das die Rechte der Frauen stärkt.
Gleichzeitig gab er sich als Monarch mit sozialem Gewissen: Es verging kaum ein Tag ohne Fotos in den staatlichen Medien, die zeigen, wie Mohammed VI. eine Wohnsiedlung oder ein Spital in einem abgelegenen Flecken des Landes einweiht.
Kaum Fortschritte
Seine Kritiker aber werfen ihm vor, auf halbem Wege stehengeblieben zu sein. Es gibt kaum Fortschritte im Gesundheits- und Bildungswesen, nach wie vor sind 40 Prozent der Einwohner Analphabeten. Die Justiz gilt weiter als wenig unabhängig und als korrupt, ihre Reform blieb eine Baustelle.
Unabhängige Medien stehen nach ersten Lockerungen wieder unter starkem wirtschaftlichen und juristischem Druck, an zahlreiche Tabuthemen darf nicht gerührt werden. Kritiker monieren zudem den starken Einfluss der Königsfamilie in der Wirtschaft und Geschäftswelt des Landes.
Monarchie nicht in Frage gestellt
Mohammed VI. stammt aus einer Königsdynastie, deren Wurzeln im 17. Jahrhundert liegen. Er ist Staatschef, Armeechef und oberster geistlicher Führer zugleich - und an dieser Machtfülle will er trotz einiger Zugeständnisse nicht rütteln. Und doch stellt bis heute niemand die Monarchie in Frage, allen Rufen nach mehr Demokratie zum Trotz.
Dies wiederum liegt in der Person des Monarchen begründet, der bis heute über grosses Ansehen innerhalb der Bevölkerung verfügt. Für sie ist er immer noch der Hoffnungsträger, und nicht wenige verweisen dabei auf Mohammeds eigene Familie: Als er am 21. März 2002 die Bürgerliche Salma Bennani heiratet, räumt er rasch mit dem alten Brauch auf, das Leben im Palast von der Öffentlichkeit abzuschirmen.
Seine Frau, die seit der Hochzeit Prinzessin Lalla Salma heisst, tritt immer wieder in der Öffentlichkeit auf, sie beteiligt sich aktiv an sozialen Werken. Das Paar hat zwei Kinder, den achtjährigen Erbprinz Moulay Hassan sowie seine vierjährige Schwester, Prinzessin Lalla Khadija.
SDA/kpn
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