Die Initiative ist «gefährlich und täuschend»
Der Bundesrat spricht sich gegen die Volksinitiative «Abtreibung ist Privatsache» aus. Alain Berset kritisiert das Argument der Kosteneinsparung.

Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» vehement ab. Sie sei «gefährlich und täuschend», sagte Bundesrat Alain Berset vor den Medien in Bern. Das Argument der Kosteneinsparung lässt er nicht gelten.
Die von den Initianten angestrebten Einsparungen beliefen sich auf etwa 8 Millionen Franken oder 3 Promille der Gesundheitsausgaben zulasten der Grundversicherung, erklärte Berset. Die tatsächlichen Kosten für die Krankenkassen fielen jedoch wegen Franchise und Selbstbehalt tiefer aus.
Primär geht es um moralische Fragen
Die Volksinitiative wurde mit 111'000 Unterschriften eingereicht und kommt am 9. Februar zur Abstimmung. Die Initianten aus religiös-konservativen Kreisen fordern, dass Abtreibungen – unter Vorbehalt weniger Ausnahmen – nicht mehr durch die obligatorische Krankenversicherung bezahlt werden.
Primär geht es ihnen aber um moralische Fragen: Wer aus Gewissensgründen Abtreibungen ablehne, solle sich nicht an der Finanzierung derselben beteiligen müssen, halten sie fest. Die Initiative wird von der SVP, der EVP und der EDU unterstützt. Im Komitee sitzen auch Politikerinnen und Politiker der CVP und der FDP.
Gesellschaftlicher Konsens in Gefahr
Für den Gesundheitsminister stellen die Initianten einen gesellschaftlichen Konsens infrage – mit «schwerwiegenden Folgen für Frauen». Der Bundesrat sei daher «in keinem Punkt mit der Initiative einverstanden». Berset erinnerte daran, dass vor 11 Jahren das Volk der Fristenregelung und der Kostenübernahme durch die Grundversicherung deutlich zugestimmt habe. Damit sei der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert worden.
Das aktuelle System garantiere die medizinische Qualität des Eingriffs, optimale Unterstützung der Frau und eine präzise Rechtsprechung, erklärte Berset. Jede Frau müsse vor dem Eingriff eingehend beraten und aufgeklärt sowie über kostenlose Hilfe informiert werden.
«Frauen, die vor der schwierigen und komplizierten Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruchs stehen, sollen nicht zusätzlich durch finanzielle Überlegungen unter Druck gesetzt werden», mahnte Berset.
Rechtsunsicherheit würde Frauen belasten
Zudem gefährde die Initiative den Grundsatz der Solidarität, wenn gewisse Leistungen wegen moralischer Überzeugungen einer Gruppe von Versicherten ausgeklammert würden. «Gewissenskonflikte können nicht nur bei den Schwangerschaftsabbrüchen, sondern auch in anderen Situationen aufkommen, die eine medizinische Versorgung erfordern», hält der Bundesrat fest.
Pascal Strupler, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), warnte zudem vor dem Interpretationsspielraum bei den Ausnahmen und der daraus folgenden Rechtsunsicherheit. Die Rede sei von Ausnahmen bei Vergewaltigung oder bei einer Gefahr der Gesundheit der Mutter. Krankenkassen könnten in der Folge unterschiedlich über die Kostenübernahme befinden. «Dies ist einem Rechtsstaat wie der Schweiz nicht würdig.»
Schweiz im internationalen Vergleich
Für Bundesrat und Regierung ist klar, dass sich die Fristenregelung bewährt habe und «keine Einladung zum Schwangerschaftsabbruch war», wie Berset erklärte. In der Schweiz sei seither die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche auf «tiefem Niveau stabil geblieben».
Pro 1000 Frauen haben in den vergangenen Jahren rund 7 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Bei den Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren ist die Rate gar gesunken: Im Jahr 2012 entschieden sich 4,5 von 1000 jungen Frauen zu einem Abbruch. In Schweden sind es rund 21 pro 1000 Frauen, in Frankreich fast 18, in Dänemark 15 und in Italien 10.
SDA/wid
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