Die Innovation kommt aus dem Osten
Noch dominieren Namen aus Industrienationen auf der Liste der innovativsten Unternehmen der Welt. Doch fünf von sieben Neulingen unter den Top 50 kommen aus Schwellenländern – allen voran aus China und Taiwan.

BYD heisst Chinas erfolgreichster Autobauer. Das Kürzel steht für «Build Your Dreams» – baue deine Träume. Der Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien und Elektroautos machte 2009 über eine halbe Milliarde Dollar Gewinn. US-Investor Warren Buffett hält 10 Prozent am Unternehmen. Nun ist BYD als erste Firma aus China unter die innovativsten zehn Unternehmen der Welt vorgestossen, und zwar gleich auf Platz acht (siehe Tabelle). Ein Traumstart.
Hybrid und Elektro im Aufwind
Die innovativen Hybrid- und Elektroautos von BYD haben anscheinend auch die 1600 Topmanager aus aller Welt überzeugt, die die Boston Consulting Group (BCG) Ende 2009 befragt hat. Ihre Antworten waren die Basis für die jährlich neu erstellte Innovationsrangliste – neben der Aktienrendite und dem Umsatz- und Gewinnwachstum der letzten drei Jahre.
Neben BYD schafften es vier weitere Firmen aus Schwellenländern in die Top 50: Haier Electronics aus China, der Ölkonzern Petrobras aus Brasilien, China Mobile, Taiwans Handyhersteller HTC. «Tatsächlich verlagert sich der Schwerpunkt der Innovationstätigkeit immer mehr in Richtung Schwellenländer», sagt Elmar Wiederin, Partner bei Boston Consulting in der Schweiz.
Staat fördert Innovation
Noch halten sich allerdings Apple, Google, Microsoft und IBM an der Spitze. Das Ranking wird weiterhin von Namen aus den USA, Europa und Japan dominiert. Boston Consulting sieht indes drei Ursachen für einen Umschwung. Die Schwellenländer, allen voran Brasilien, Indien und China, profitieren von einer rascheren wirtschaftlichen Erholung und einem höheren Wachstum. Beides ermöglicht höhere Ausgaben für Forschung und Entwicklung.
Zudem regen staatliche Massnahmen, etwa Steuererleichterungen für forschende Unternehmen, die Innovation weiter an. Die Umfrage kommt denn auch zum Schluss, dass Innovationen in diesen Ländern einen höheren Stellenwert haben als anderswo. Zum Beispiel wollen 85 Prozent der Führungskräfte in aufstrebenden Ländern ihre Innovationsausgaben anheben. In den Industriestaaten will dies nicht einmal ein Drittel der Befragten.
Da stellt sich die Frage, wie weit es sich um Nachholbedarf handelt. «Zum Teil ist das sicher der Fall», sagt Wiederin, «es ist aber auch eine Folge des grossen Wachstums. Wenn eine Firma mit 30 Prozent wächst und die Innovationsausgaben im gleichen Ausmass hochfährt, gibt das eine gewaltige Dynamik. Dazu gehört, neben neuester Ausrüstung, auch Spitzentechnologie, eingesetzt von hungrigen Forschern, und immer mehr davon.»
Weniger ausgeprägt sind die Unterschiede in der konkreten Bereitschaft zu Innovationen. 80 Prozent der Befragten aus Brasilien, China und Indien wollen völlig neuartige Produkte entwickeln, in den Industriestaaten sind es 67 Prozent.
Nur Nestlé unter den Top 50
Nestlé auf Platz 36 hat es als einziges Schweizer Unternehmen unter die Top 50 der Innovatoren geschafft. Die Erfindungskraft der Westschweizer ist legendär. Jüngstes Beispiel sind die populär positionierten Produkte (PPP) – Nestlé-Produkte in Kleinstportionen, die der Konzern vor drei Jahren lanciert hat. Sie sind bei Konsumenten mit kleinen Einkommen ein Erfolg: 2009 wurden damit 8,8 Milliarden Dollar umgesetzt, das Segment wächst dreimal rascher als der Rest der Nestlé-Palette.
Aufsteiger LG Electronics
Die Aufsteiger des Jahres waren die koreanische LG Electronics, die sich von Platz 27 auf Platz 7 verbesserte; der Chiphersteller Intel (von 33 auf 12) und der Autohersteller Ford (von 31 auf 13).
Im Aufstieg der Neulinge aus den Schwellenländern sieht Boston Consulting Anzeichen einer neuen Weltordnung: Die USA und andere industrialisierte Länder bleiben zwar wichtige Innovationsträger, aber vor allem China, Indien und Brasilien übernehmen graduell prominentere Rollen.
«Die Innovationsschwäche der Industriestaaten ist durch langsamere Entscheidungsprozesse und Angst vor Kannibalisierung des Bestehenden erklärbar und heute und morgen noch kein Problem», sagt Wiederin. «Wenn wir das aber zehn Jahre weiterschreiben, kommt diese ständige Erosion einem Erdrutsch gleich.» Verschärfend wirke, dass westliche Unternehmen zunehmend auch Forschungseinheiten in Schwellenländer verlagern.
Damit verschiebt sich die Kreativenergie der Welt in Richtung Schwellenländer. Diese entwickeln sich immer mehr von talentierten und bisweilen skrupellosen Kopierern zu eigenständigen Innovationsträgern. Zu diesem Schluss kam unlängst auch der renommierte «Economist» in einem Essay.
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