Die Irrationalität der SNB-Aktionäre
An der Generalversammlung der Nationalbank hat der Bankratspräsident den Aktionären klar gemacht, dass sie nichts zu sagen haben.

Ihr habt hier nichts zu sagen und vom Geld, das hier verdient wird, seht ihr auch kaum etwas: Etwa so könnte man kurz auf den Nenner bringen, was Jean Studer, Bankratspräsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) heute an der Generalversammlung der Notenbank den anwesenden Aktionären deutlich gemacht hat – auch wenn er das nicht in diesen Worten tat. Anlass für seine Ausführungen zu den Rechten und zum Einfluss der SNB-Aktionäre ist der Aktienkurs des Instituts. Der Wert des Titels hat sich seit Anfang 2016 versiebenfacht. Zuvor hat er sich während Jahrzehnten kaum bewegt.

Studer war es daher vor allem ein Anliegen, mögliche Missverständnisse auszuräumen, die es nicht geben würde, hätten sich die Investoren genauer mit der Rechtsform der SNB befasst. «Im Vergleich zu anderen Aktiengesellschaften sind sowohl die Mitbestimmungs- als auch die Vermögensrechte der SNB-Aktionäre deutlich eingeschränkt», sagte der Bankratspräsident.
Die eingeschränkten Rechte betreffen nicht nur die Minderheitsaktionäre, sondern auch die Kantone mit einem Aktienanteil von knapp 40 Prozent und die Kantonalbanken mit einem Anteil von beinahe 12 Prozent. Die Privataktionäre, die die Titel über die Börse erworben haben, besitzen so zwar rund die Hälfte der Aktien, wegen einer Stimmrechtsbeschränkung liegt ihr Stimmrechtsanteil aber bei nur knapp 24 Prozent. Der Aktienanteil von Ausländern betrug laut Studer Ende 2017 10 Prozent, ihr Stimmrechtsanteil aber nur 3,1 Prozent.
Kein Vorteil durch hohe Gewinne
Doch selbst das Stimmrecht nützt den Aktionären wenig, wie Studer ausführte. So haben sie unter anderem nichts zur Gewinnverteilung zu sagen. Diese ist im Nationalbankgesetz detailliert geregelt. Und ein Teil davon fusst auf einer Vereinbarung zwischen der SNB und dem Finanzdepartement. Auch die Dividende an die Aktionäre ist per Gesetz geregelt und darf maximal 6 Prozent des Aktienkapitals ausmachen. Mehr als 1,5 Millionen Franken erhalten die Aktionäre deshalb nie – auch dann nicht, wenn die SNB wie im Vorjahr einen Gewinn von 54,3 Milliarden Franken einfährt.
Und selbst wenn die Aktionäre mit ihren Käufen der SNB-Titel darauf setzen sollten, zumindest bei einer eher unwahrscheinlichen Liquidation der Notenbank von deren Vermögenswerten zu profitieren, liegen sie falsch. Sie würden leer ausgehen. Das wurde gerade deshalb so geregelt, um Spekulationen auf SNB-Aktien jegliche Grundlage zu entziehen. Dieses Ziel wurde offensichtlich verfehlt.
Nicht das Mindeste zu sagen, haben die Aktionäre auch bei der Wahl des Präsidiums der Nationalbank, auch dessen Abwahl ist ihnen unmöglich. Das dreiköpfige Präsidium wählt der Bundesrat, der noch nicht einmal Aktionär des Instituts ist. Dieses Präsidium legt dann autonom die Geldpolitik fest. Hier haben weder die Aktionäre noch der Bundesrat ein Mitbestimmungsrecht.
«Nach wie vor hoch bewertet»
In einem weiteren Vortrag an der Generalversammlung der SNB ging Präsident Thomas Jordan auf die Entwicklung der Wirtschaft und der Bankenregulierung zehn Jahre nach der Finanzkrise ein. Zum Franken meinte er in diesem Zusammenhang, dessen Überbewertung habe sich abgebaut, dennoch sei die Schweizer Währung «nach wie vor hoch bewertet». Der handelsgewichtete reale Aussenwert des Frankens liege jetzt ungefähr auf dem gleichen Stand wie vor der Aufhebung des Mindestkurses im Januar 2015.

Wie schon bei früheren Gelegenheiten betonte Jordan, dass sowohl die Negativzinsen wie die Bereitschaft zu weiteren Interventionen an den Devisenmärkten weiterhin notwendig seien, weil sich die Lage an den Finanzmärkten rasch wieder verschärfen könnte. Zur Entwicklung der Preise meinte er, die Teuerung bewege sich nun im Bereich, den die SNB mit Preisstabilität gleichsetze, dennoch sei sie noch zu tief, um ein Ende der expansiven Geldpolitik zu rechtfertigen. Das «würde die positive Wirtschaftsdynamik deshalb unnötig aufs Spiel setzen», sagte Jordan wörtlich.
In seinen Ausführungen zur Bankenregulierung erinnerte Jordan an die Rettung der UBS im Oktober 2008 durch den Bund, die Finma und die Nationalbank. Die neuen Regulierungen für Banken seither – wie das Erfordernis nach einem höheren Eigenkapital, einem dickeren Liquiditätspolster und die organisatorischen Vorkehrungen zur Abwicklung von systemrelevanten Finanzinstituten – hätten die Widerstandskraft des Schweizer Bankensystems deutlich erhöht und nach der vollständigen Umsetzung aller Vorschriften würde sich diese weiter verbessern.
Schliesslich wehrte sich Jordan dagegen, den Umstand als reinen Kostentreiber für den Schweizer Finanzplatz zu sehen, dass die hiesigen Vorschriften über jene anderer Länder hinausgehen: «Ein robustes Bankensystem ist in der heutigen Welt ein wesentlicher Standortvorteil im internationalen Wettbewerb», sagte der SNB-Präsident. Zur anstehenden Abstimmung über die Vollgeldinitiative meinte er, die ergriffenen Massnahmen würden den Bankenplatz sicherer machen als die Umsetzung der Initiative. Diese würde den Finanzplatz radikal umgestalten und die Schweiz «in eine Phase grosser Unsicherheit stürzen».
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