2:3 gegen BielDie knappe Niederlage schönt die ZSC-Leistung
Um ein Haar gleichen die Zürcher in den letzten zehn Minuten ein 0:3 aus. Zuvor bleiben sie im Spitzenspiel offensiv aber alles schuldig.

Welch Zürcher Comeback das gewesen wäre. Juho Lammikko kam in der Schlusssekunde im Slot freistehend zu Schuss und Nachschuss, doch Biels Goalie Harri Säteri brachte beide Male einen Körperteil vor den Puck. Es wäre das 3:3 gewesen, nachdem der ZSC zehn Minuten vor Ende noch 0:3 zurückgelegen hatte. Gleich zu vier Chancen kamen die Zürcher alleine in den letzten sieben Sekunden, sie agierten in Unterzahl, aber ohne Goalie, dem EHC Biel entglitt unter diesen speziellen Umständen die Kontrolle im Powerplay vollkommen.
Alexandre Texier stand am Ursprung der verrückten Schlussphase. Zunächst verpasste er elf Minuten vor Ende das 1:3, eine weitere Minute später bereitete er Chris Baltisbergers Treffer vor. Und 82 Sekunden vor Ende, als der ZSC noch vollzählig, aber bereits ohne Goalie agierte, gelang Topskorer Lucas Wallmark einmal mehr eine seiner Spezialitäten: der brillante Pass in den Slot trotz grosser Spieleransammlung, Simon Bodenmann lenkte den Puck genauso gekonnt zum 2:3 ins Tor – weil der Puck auch noch Justin Azevedo im Slot streifte, ist aber der Kanadier offizieller Torschütze.
Alles im Lot also für den ZSC? Bloss eine unnötige und unglückliche Niederlage? Nein, eben nicht. Denn die 48 Minuten zuvor hatten nichts mit dem Rest gemeinsam. Texiers Aktionen sorgten für den extremen Momentumwechsel. Wie harmlos die Lions zuvor gespielt hatten, zeigt auch dies: Die Chance des Franzosen, nach einem Solo-Effort notabene, war die erste richtig gute für den ZSC bei 5-gegen-5 – nach 49 Minuten!
Abgeklärter EHC Biel
Dem EHC Biel gelang im Spitzenkampf bis zu jenem Zeitpunkt ein fast perfektes Auswärtsspiel. Dass der ZSC schon zu Beginn lange kaum in den gewollten Spielrhythmus fand, lag zwar auch an zwei Strafen, vor allem aber an einem abgeklärt agierenden Gegner. War zumindest die defensive Ordnung lange Zeit gewahrt, gelang dem ZSC offensiv so gut wie nichts. Und als Biel nach Spielmitte und jeweils guten Pässen Viktor Löövs 2:0 in Führung ging, wirkten die Zürcher ratlos.
Es war vor dem nahenden Playoff ein guter Warnschuss für die Lions, wie es nicht sein sollte. Ein Gegner, der defensiv stark spielt, das Spiel, das nicht wie gewünscht läuft – das kann passieren, da müssen Lösungen gefunden werden, und sei es bloss dank Emotionen im Spiel. Doch die Reklamationen Marc Crawfords bei zwei Szenen waren lange Zeit die aggressivsten Momente im ZSC-Spiel.
Apropos Crawford: Der Abend begann mit einer Verwirrungstaktik. Oder hatte es sich der ZSC-Trainer, der seit seinem Amtsantritt nach Silvester Experimenten nie abgeneigt war, einfach im letzten Moment anders überlegt? Auf jeden Fall spielten die Lions mit komplett anderen Linien, als auf dem offiziellen Aufstellungsblatt angegeben - alle vier Sturmduos und alle Verteidigerpaare waren anders, teilweise stimmten bei den Angreifern nicht einmal Center- und Flügelstürmer-Angaben.
Keine Nebelpetarde war eine andere ungewohnte Massnahme Crawfords: Verteidiger Dario Trutmann, normalerweise kein Spieler fürs Penalty Killing, durfte in Unterzahl ran – allerdings als Stürmer neben Lammikko! Es war eine kreative Lösung, um dem 7. Verteidiger zu etwas mehr Eiszeit zu verhelfen. Und so gab es im gewohnt aggressiven Zürcher Penalty Killing in einem Shift ein ungewohntes Bild mit Trutmann im Forechecking zu sehen …
Die Leistung des ZSC-Boxplays wurde dadurch nicht negativ beeinflusst, im Gegenteil: Das Unterzahlspiel, das nur bei 3-gegen-5 zum 0:3 überwunden wurde, war etwas vom wenigen, das bei den Zürchern an diesem Abend überzeugte. Reto Schäppi vergab bis zur verrückten Schlussphase gar die beste ZSC-Torchance bei einem Gegenstoss im Boxplay. Auch das zeigt: Es kam schlicht zu wenig von den Zürchern, die nach Verlustpunkten nur noch Fünfte sind und damit den Heimvorteil in Playoff-Runde 1 zu verspielen drohen.
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