Die letzten Tausend
Die meisten Jesiden konnten sich aus dem Sinjar-Gebirge retten. Noch rund 1000 Menschen sind im irakischen Höhenzug eingeschlossen.
Über Tage waren Zehntausende Jesiden im kargen Sindschar-Gebirge im Nordirak eingeschlossen. Nach Angaben der UNO gelang jedoch mittlerweile einem Grossteil von ihnen die Flucht. In dem Höhenzug im Norden des Landes seien nur noch rund 1000 Menschen eingeschlossen, sagte einer Sprecherin der UNO-Mission im Irak (UNAMI) der Nachrichtenagentur dpa. Laut dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR konnten sich in den vergangenen fünf Tagen etwa 80'000 Menschen aus dem Gebirge vor Jihadisten in Sicherheit bringen.
Viele hatten über Tage bei hohen Temperaturen fast ohne Wasser und Nahrung im kargen Gebirge ausgeharrt. Eine UNHCR-Sprecherin sagte, die Sindschar-Flüchtlinge seien extrem erschöpft und litten unter Flüssigkeitsmangel.
Vor allem Jesiden
Bei den Flüchtlingen handelt es sich vor allem um Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden. Sie mussten ihre Heimatorte verlassen, nachdem die Terrorgruppe Islamischer Stadt (IS) vor fast zwei Wochen weitere Gebiete im Nordirak eingenommen hatte.
Laut UNAMI fanden seitdem rund 200'000 Menschen Zuflucht in der kurdischen Autonomieregion im Nordirak. Rund 50'000 seien ins benachbarte Syrien geflohen, sagte die UNAMI-Sprecherin.
Die Türkei nahm nach Angaben von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bislang etwa 2000 jesidische Flüchtlinge aus dem Irak auf. Hinter der Grenze hielten sich weitere rund 20'000 Jesiden auf, die vor der Terrormiliz IS geflohen seien, sagte Erdogan laut Nachrichtenagentur Anadolu. Er stellte auch diesen Flüchtlingen Unterstützung in Aussicht.
Keine Rettungsaktion
Die USA hatten zuvor einen Militäreinsatz erwogen, um die Flüchtlinge aus dem Sindschar-Gebirge zu retten. Das Pentagon teilte jedoch am Mittwochabend mit, Spezialeinheiten seien nach Erkundungen zu dem Schluss gekommen, dass sich dort wesentlich weniger Flüchtlinge aufhielten als angenommen.
Das US-Militär hat nach Angaben von Präsident Barack Obama die Belagerung des Sindschar-Gebirges im Nordirak durch islamische Extremisten durchbrochen. Obama sagte während seines Sommerurlaubs auf der Insel Martha'sVineyard, die Luftangriffe auf die Kämpfer der Terrorgruppe Islamischer Staat würden trotzdem fortgesetzt.
Es sei allerdings unwahrscheinlich, dass weitere Ladungen mit Lebensmitteln und Wasser aus der Luft abgeworfen werden müssten, um Flüchtlinge in den Bergen zu versorgen, sagte Obama.
Zur Abwehr der IS-Milizen bat am Donnerstag auch der Gouverneur der zentralirakischen Provinz Anbar die USA um militärische Unterstützung. Er habe in mehreren Treffen mit den Amerikanern unter anderem um Luftangriffe gegen die Milizen gebeten, die weite Teile der Provinz kontrollieren, sagte Ahmed Chalaf al-Dulaimi der Nachrichtenagentur Reuters.
UNO-Notstandstufe 3
Wegen der Flüchtlingsentwicklung in den vergangenen Tagen riefen die Vereinten Nationen für den Irak die höchste Notstandsstufe aus. Es gelte der Notstand der Stufe 3, teilte die UNAMI mit. Die dritte Stufe ermöglicht es den UNO, zusätzliche Hilfsgüter und Gelder zu mobilisieren.
Der Irak ist nach Syrien, dem Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik aktuell das vierte Land, in dem die UNO einen Notstand der Stufe 3 erklärt haben.
Der UNO-Sicherheitsrat forderte den designierten Ministerpräsidenten al-Abadi ausserdem auf, so schnell wie möglich eine von allen Volksgruppen unterstützte Regierungsmannschaft zusammenzustellen. Dies sei notwendig, um den Vormarsch der IS zu stoppen, hiess es in einer Erklärung.
Al-Maliki mit dem Rücken zur Wand
Der neue Präsident Fuad Masum hatte al-Abadi am Montag mit der Regierungsbildung beauftragt. Amtsinhaber Nuri al-Maliki stemmt sich aber gegen seine Kaltstellung und will bis zur Entscheidung des von ihm angerufenen Gerichts im Amt bleiben.
Sein politischer Rückhalt schwindet aber immer weiter. Am Donnerstag verlor al-Maliki auch noch die Unterstützung seiner eigenen Dawa-Partei. Diese forderte in einer Erklärung alle politischen Blöcke des irakischen Parlaments auf, den designierten Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi zu unterstützen.
SDA/mrs
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