
Prognosen für Bundesratswahlen sind riskant, Überraschungen immer möglich. Ein Wahlkrimi zeichnet sich aber nicht ab. Die St. Galler Ständerätin Karin Keller-Sutter (FDP) ist von der Vereinigten Bundesversammlung so gut wie gewählt. Bei der CVP deutet vieles auf die Walliser Nationalrätin Viola Amherd hin. Sprengkandidaturen sind neben den offiziell Nominierten nicht in Sicht.
Bundesratswahlen sind nach der unruhigen Ära mit Christoph Blocher und Eveline Widmer-Schlumpf wieder berechenbar geworden. Parteien und Parlament respektieren erstens die neue Zauberformel, wonach den drei stärksten politischen Kräften zwei Sitze und der Viertgrössten ein Sitz in der Landesregierung zustehen. Selbst die ambitionierten Grünen wollen vor den Eidgenössischen Wahlen im kommenden Jahr die serbelnde CVP nicht aus der Exekutive drängen.
Theater ist nicht im Interesse des Landes
Unbestritten ist zweitens der Anspruch der Frauen. Obschon die Kandidatinnen der CVP anders als Karin Keller-Sutter nicht zu den politischen Top-Shots gehören, akzeptierte man die Auswahl. Politikerinnen müssen ihre männlichen Kollegen also heute zum Glück nicht mehr in allem übertreffen, um aufgestellt und gewählt zu werden. Solange sie in der Minderheit sind, muss man sie aber aktiv suchen und mit reinen Frauentickets in den Vordergrund rücken.
Drittens wird mit Karin Keller-Sutter wohl auch die Ostschweiz wieder in die Landesregierung einziehen. Die regionale Balance im Bundesrat verbessert sich. Nachdem mit Ignazio Cassis bereits das Tessin ein Comeback gab, findet die politische Schweiz mit der doppelten Kür heute also definitiv zu ausgeglichenen und geordneten Verhältnissen zurück.
Wahlen ohne viel Theater sind im Interesse des Landes. Zwar lebt die Politik von der Inszenierung. Wo die Launen des Moments dominieren, gibt es aber keine Stabilität. Wer permanent das Spektakel sucht, liebt die Sabotage mehr als eine verlässliche Politik. Ob jemand ein guter Bundesrat wird, lässt sich im Vorhinein sowieso nicht abschätzen. Johann Schneider-Ammann überzeugte als Patron und engagierter Verfechter der Schweizer Sozialpartnerschaft mehr als Wirtschaftsminister. SVP-Stratege Christoph Blocher blieb auch im Bundesrat ein Sololäufer auf Oppositionskurs. Am Machtgefüge und an den Problemen im Bundesrat dürfte sich mit den neuen bürgerlichen Vertreterinnen ohnehin wenig ändern.
Den konstruktiven Geist wiederbeleben
Blockiert ist die Schweizer Regierung derzeit nämlich auch ohne parteipolitisches Pokern. Seit Monaten, ja seit Jahren ringen die Bundesräte um eine gemeinsame Position im Europa-Dossier. Der Entwurf für ein Rahmenabkommen mit der EU liegt vor. Die SP-Bundesräte zögern wegen des Lohnschutzes. Die SVP-Vertreter lehnen den Vertrag grundsätzlich ab. Ohne Druck von aussen ist eine Einigung so nicht zu erzielen. Das Konsensprinzip im Bundesrat stösst an Grenzen.
Den neuen Magistratinnen wünscht man deshalb den Mut, den konstruktiven und entscheidungsfreudigen Geist im Bundesrat wiederzubeleben. Um die Schockstarre zu überwinden, braucht es unabhängige Köpfe, die zusammen mehr wagen als eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Solange im Zentrum jedes Vorschlags die direktdemokratische Mehrheitsfähigkeit steht, wird die Gefahr der Selbstblockade aber bleiben. Macht und Ohnmacht liegen in der Konkordanz eng beieinander.
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Die Methode Bundesrat stösst an ihre Grenzen
Bundesratswahlen sind zum Glück keine Lotterie mehr. Die Konsenssuche in der Regierung wird trotzdem nicht einfacher.