Die Moral der Masturbation
Der Franzose Emmanuel Carrère macht aus jedem Thema einen Egotext. In seinem «Russischen Roman» treibt er es damit zu weit.

Emmanuel Carrère, schreibt der Kollege Ijoma Mangold in der «Zeit», habe die französische Literatur wieder zu einer «internationalen Referenzgrösse» gemacht. Oha! War das nicht eher Michel Houellebecq oder wenigstens der Nobelpreisgewinner Patrick Modiano? Mangold begründet seine Behauptung mit der Identität von Schreiben und Leben in Carrères Büchern: Worüber er auch schreibe, er schreibe immer über sich, und zwar mit dem absoluten Wahrheitsanspruch. Es geht also um Autofiktion, das Modegenre unserer Tage, nicht erst seit Karl Ove Knausgård und seiner «Min Kamp»-Saga.