Die nächste Karriere des Bradley Wiggins
Der ehemalige Tour-de-France-Sieger ist wieder da: Gestern hatte er seinen ersten Wettkampf als Ruderer.
Mit langen Haaren, Vollbart und Stirnband kehrte Bradley Wiggins ins Rampenlicht zurück: 90 Kilogramm schwer, ohne Helm und Rad, dafür mit einem neuen Sportgerät. Wiggins hat sich vom Radfahrer zum Ruderer gewandelt. Sein gestriges Debüt, von dem er lange geträumt hatte, lief allerdings nicht nach Plan. Nach einem kuriosen Vorfall musste er mit dem 21. Platz in der offenen Kategorie der Indoor-Meisterschaften vorliebnehmen.
Kurz nach dem Start hörte er einen Ruf: «Please push down your handle.» Wiggins dachte, ein Fehlstart sei ausgerufen worden, und hörte für kurze Zeit auf zu rudern. Der Befehl hatte Ruderer einer anderen Kategorie gegolten. Er geriet aus dem Rhythmus und beendete das 2-Kilometer-Rennen nach 6 Minuten und 22 Sekunden – 20 Sekunden über der angestrebten Zeit, die einen Platz in den Top 10 bedeutet hätte. «Eine riesige Enttäuschung! Schuljungenfehler, aber hey, wir leben und lernen», fasste Wiggins auf Twitter seine Gefühle zusammen.
Enttäuscht und genervt würdigte er nach dem Rennen die zahlreichen Journalisten keines Blickes. Alle anwesenden Kameraleute und Journalisten hatten sich um Wiggins' Rudergerät versammelt – seine Mitstreiter störte dies nicht. «Es ist fantastisch, dass er dabei ist. Das steigert das Interesse an unserem Sport», sagte der Gewinner Adam Neill.
Die Meisterschaft fand in London statt – hier feierte Wiggins einer seiner grössten Erfolge. An den Olympischen Spielen 2012 gewann er vor heimischem Publikum im Zeitfahren die Goldmedaille. Wenig später durfte er sich Sir Bradley Wiggins nennen. Im Velodrome, wo er gestern ruderte, brach er vor zwei Jahren den Stundenweltrekord auf der Bahn. Der Tour-de-France-Gewinner und gemessen an der Anzahl gewonnener Medaillen erfolgreichste britische Olympionike war in seinem Element. Das Publikum bejubelte seine Dominanz.
Mit seiner zweiten Karriere erfüllte er sich einen schon länger gehegten Wunsch. In seiner 2012 veröffentlichten Autobiografie «My Time» schreibt er, dass eine Olympiateilnahme als Ruderer sein Traum sei. Seit neun Monaten arbeitet Wiggins nun ernsthaft daran – der ehemalige Ruderer James Cracknell, zweifacher Olympiasieger, unterstützt ihn als Mentor.
Rudern ist nicht Wiggins' erster Ausflug in eine andere Sportart. Letzten Winter versuchte er sich im Rahmen der Reality-TV-Show «The Jump» im Skispringen und Slalomfahren.
Romero und Bond schafften den umgekehrten Wechsel
Wiggins ist nicht der Einzige, der sowohl für das Rad wie das Rudern eine Leidenschaft hat. Die Umstellung erfordert einen anderen Körperbau. Er hat bereits 22 Kilogramm an Muskelmasse zugelegt, im Vergleich zu seinen Konkurrenten fehlt ihm aber immer noch einiges an Gewicht. Wiggins wiegt mittlerweile etwa 90 Kilogramm, Indoor-Sieger Neill bringt 108 Kilogramm auf die Waage. Den umgekehrten Wechsel, vom Rudern aufs Rad, haben bereits zwei Athleten erfolgreich geschafft. Die Engländerin Rebecca Romero wurde 2005 Weltmeisterin im Doppelvierer, drei Jahre später krönte sie sich zur Weltmeisterin in der Einzelverfolgung auf der Bahn.
Auch Hamish Bond meisterte den Wechsel. Der Neuseeländer gewann insgesamt zehn Goldmedaillen an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Dieses Jahr nahm er an der Zeitfahr-WM in Norwegen teil. Nach einem Reifenschaden wurde er 39.
Wiggins hat noch einen langen Weg vor sich, um die Umstellung ähnlich gut wie Romero oder Bond zu meistern und an eine Olympiateilnahme 2020 denken zu können. In Tokio dabei zu sein, ist sein grosses Ziel. Vorerst sind seine neuen Gegner glücklich darüber, einen Superstar in ihren Reihen zu haben. Der drittplatzierte Matt Rossiter sagte: «Er war schon immer mein Idol.»
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