«Die NSA wusste genau, wo sie bei Google und Yahoo suchen muss»
US-Geheimdienstler sollen bei Internetfirmen nicht nur Metadaten, sondern ganze Datenspeicher abgeschöpft haben. Hannes Lubich, Experte für Internetsicherheit, erklärt diese neue Abhördimension.
Die NSA-Affäre wurde losgetreten mit Informationen zum Abhörprogramm Prism, mit dem Nutzerdaten von Internetfirmen gesammelt wurden. Nun soll der Geheimdienst im Rahmen des Programms Muscular auch ohne das Wissen der Unternehmen Daten bei Google und Yahoo angezapft haben. Was ist nun anders?
Unter Prism wurden die Konzerne gezwungen, Metadaten an die NSA zu liefern. Sie hat aufgrund dieser Daten dann wahrscheinlich festgestellt, dass es viel mehr interessante Informationen gäbe, die in den ausgelieferten Verkehrsranddaten aber nicht enthalten waren. Ich vermute, dass die NSA annimmt, es würde zu lange dauern und sei ungewiss, ob es funktioniert, sich diese Daten auch auf dem offiziellen Weg mit einem Gerichtsbeschluss zu beschaffen. Das nun neu bekannt gewordene Programm Muscular basiert also vermutlich auf Erkenntnissen, die man ursprünglich aus Prism gewonnen hat. Die NSA wusste also dank Prism genau, wo sie bei Google und Yahoo suchen muss. Es scheint mir folgerichtig, dass das gemacht wird, denn die Randdaten gaben der NSA Hinweise, aber nicht den Grossteil des Inhalts der Daten. Die Geheimdienstler wollten aber auch an den Inhalt der Daten. Und die Chefs der beteiligten Aufklärungsdienste sehen das als normale und juristisch sauber abgedeckte Tätigkeit an, wie man bei der gestrigen Anhörung in Washington gesehen hat.