
Die Mohrenköpfe von Dubler haben in der Schweiz für eine hitzige Diskussion gesorgt. Die Migros hat reagiert und sie entfernt.
Jetzt auch noch Disney: Der Unterhaltungskonzern hat sich der Gruppe von Unternehmen angeschlossen, die vorerst keine Werbung mehr bei Facebook schalten. Damit findet sich auf der Liste der Boykotteure ein weiterer prominenter Name neben Coca-Cola, Starbucks oder Volkswagen. Die Firmen begründen ihren Boykott damit, dass Facebook nicht genügend gegen Hassbotschaften auf seiner Plattform unternommen hat. Die Aktion unter dem Titel «Stop Hate for Profit» sucht ihresgleichen und zeigt, dass die öffentliche Meinung für die Firmen zu einem entscheidenden Kriterium für ihren Geschäftserfolg geworden ist.
Kundinnen und Kunden spielen ihre Macht aus, um gesellschaftlichen Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen.
Coca-Cola und Co. können es sich schlichtweg nicht leisten, dass ihre Werbung neben rassistischen oder verunglimpfenden Kommentaren steht. Das färbt auf sie ab, die Konsumenten würden sie dafür abstrafen. Der Schaden, gemessen an Umsatz und Ertrag, wäre gross, sollte sie sich plötzlich gegen sie wenden und kein Coca- Cola mehr trinken oder keinen VW kaufen.
Mit ihrem Boykott wollen die Firmen umgekehrt Facebook dazu zwingen, endlich gegen die Hasskommentare vorzugehen. So spielen die Kundinnen und Kunden auf mehreren Ebenen ihre Macht aus, um gesellschaftlichen Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen.
Der Boykott gegen Facebook, dem sich bis heute Hunderte von Unternehmen angeschlossen haben, hat also einen handfesten Hintergrund: Es reicht nicht mehr, sich darauf zu konzentrieren, tolle Autos oder guten Kaffee zu produzieren. Die gesellschaftliche Debatte und wie sich ein Unternehmen dazu stellt, sind ebenso wichtig für den Shareholder-Value, der sich an der Börse abbildet.
Wer sich nicht wirklich einsetzt, wofür er vorgibt, wird früher oder später entlarvt.
Doch es gibt auch Firmen, die sich dem Boykott verweigern – zum Beispiel Nestlé. Der Nahrungsmittelkonzern sieht darin keine Lösung, um auf anstössige Inhalte zu reagieren. Stattdessen will Nestlé aktiv darauf drängen, dass Onlineplattformen ihre Verantwortung wahrnehmen und etwas gegen Hassbotschaften unternehmen.
Kritiker werfen den Unternehmen, die sich dem Boykott angeschlossen haben, gar Heuchelei vor. Sie vermuten, dass es die Firmen mit ihrem Engagement gar nicht ernst meinen und nur die eigene Marke in ein gutes Licht stellen wollen. Das wäre sogenanntes woke washing: mit vollmundigen Ankündigungen gut Wetter machen und so die Verkaufszahlen ankurbeln – ohne wirklich was zu ändern.
Doch auch dagegen ist die Macht der Öffentlichkeit ein gutes Mittel: Wer sich nicht wirklich einsetzt, wofür er vorgibt, wird früher oder später entlarvt. Manchmal passiert das auch durch die eigenen Mitarbeiter – wie bei Adidas. Dort musste die Personalchefin jüngst ihren Posten räumen, nachdem sie die «Black Lives Matter»-Bewegung als Lärm bezeichnet hatte. Daraufhin hatten sich Mitarbeiter über sie beschwert, und schon war sie ihren Posten los.
Auch in der Schweiz hat ein Unternehmen auf öffentlichen Druck reagiert: Migros hat die Mohrenköpfe der Aargauer Firma Dubler aus dem Sortiment genommen, nachdem sich eine Kundin über den Namen beschwert hatte. Damit hat der Konzern Stellung bezogen. Der Aktivismus der Kunden zeigt also Wirkung.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Analyse zur Sozialverantwortung von Firmen – Die öffentliche Meinung wird zum Shareholder-Value
Konzerne, von Coca-Cola bis zur Migros, können es sich wirtschaftlich nicht mehr erlauben, gesellschaftlich im Abseits zu stehen. Ihre Kunden werden zu Aktivisten.