Die Palme bleibt männlich
Der Japaner Hirokazu Kore-Eda gewinnt die Goldene Palme von Cannes – und der Schweizer Jean-Luc Godard ebenfalls.

Nicht eine Goldene Palme übergab Jurypräsidentin Cate Blanchett zum Abschluss von Cannes, erstmals in der Festivalgeschichte gab es deren zwei: Jean-Luc Godard, der 87-jährige «Monsieur Cinéma» aus dem waadtländischen Rolle, erhielt eine Spezialausgabe für «Le livre d'image». Er war weder für die Präsentation des Films noch für die Preisverleihung an die Côte d'Azur gereist, aber trotzdem präsent: Ein Kuss aus seinem alten Film «Pierrot le fou» zierte das Festivalplakat, eine Pressekonferenz gab er via Face-Time auf dem Telefon seines engsten Mitarbeiters Fabrice Aragno – dieser und die Produzentin würden die Palme nun an den Genfersee tragen «wie die Waisen aus dem Morgenland», sagten sie in der Dankesrede.
Edouard Baer, der «maître de cérémonie» der Preisgala, zweifelte zwar, ob Godard dieser Jesus-Vergleich gefallen würde. Und der eine oder andere im Publikum fragte sich, ob die Spezial-Auszeichnung den Wert der «richtigen» Goldenen Palme herabmindern könnte. Erhalten hat sie unter grossem Applaus der Japaner Hirokazu Kore-Eda, ein schon langer seinen eigenen Weg gehender Autorenfilmer. Prämiert wurde sein doppelbödiges Familienporträt «Shoplifters», es ist sein bester Film seit einiger Zeit (und nicht zu verwechseln mit «The Third Murder», seinem vorletzten Film, der gerade in den Schweizer Kinos angelaufen ist).
Und die Frauen?
Und die Frauen? Es wurde also auch in diesem Jahr nichts mit einer zweiten Goldenen Palme für eine Regisseurin (die erste und einzige hatte Jane Campion 1993 gewonnen). Immerhin erhielten zwei der drei Teilnehmerinnen am Wettbewerb eine Auszeichnung: Nadine Labaki aus dem Libanon bekam den Jurypreis und die Italienerin Alice Rohrwacher mit ihrer Schweizer Koproduktion «Lazzaro felice» den (geteilten) Drehbuchpreis – vielleicht eine leise Enttäuschung für die Filmemacherin, die vor vier Jahren bereits den höher eingestuften Jurypreis gewonnen hatte und von vielen als Favoritin auf die Goldene Palme gehandelt worden war. Zumal es in diesem Jahr mehr Frauen als Männer in der Jury gab.
«1997 wurde ich von Harvey Weinstein hier in Cannes vergewaltigt»: Schwere Vorwürfe der Schauspielerin Asia Argento. Video: Tamedia/AP
Frauen prägten trotzdem dieses 71. Festival von Cannes, auch an der Verleihung. Die italienische Schauspielerin Asia Argento hielt vor der Preisübergabe eine wütende Rede, in der sie sagte, sie sei hier in Cannes 1997 als 21-jährige von Harvey Weinstein vergewaltigt worden. Dieser werde nie mehr willkommen sein und es gebe in der Festivalgemeinde immer noch zu viele Menschen, die ihn decken würden.
Kampf gegen Windmühlen
Es war anschliessend an ihrem Landsmann Roberto Benigni, versöhnlichere Töne anzuschlagen. Der Komiker rief in seiner unnachahmlichen Art den Menschen im Publikum zu: «Ich möchte das Glück in eure Gesichter blasen.» Konkret glücklich gemacht wurden sicher der Schauspieler Marcello Fonte (bester Darsteller in «Dogman»), die Schauspielerin Samal Yeslyamova (beste Darstellerin in «Ayka») und die Regisseure Spike Lee (Grosser Preis) und Pawel Pawlikowski (Regiepreis).
Ende gut, alles gut an einem Festival, das nicht mit grossem Staraufkommen triumphierte, aber mit einer Anzahl wirklich herausragender Filme. Ende gut, alles gut auch für Terry Gilliam. 25 Jahre hatte dieser gegen Windmühlen gekämpft und versucht seinen Don-Quijote-Film zu realisieren. Zum Abschluss wurde «The Man Who Killed Don Quixote» endlich gezeigt, nachdem vorher noch ein beleidigter portugiesischer Produzent die Vorführung zu stoppen versucht hatte. «Ich werde wohl eine kugelsichere Weste unter dem Anzug tragen müssen, falls dieser Mann noch einen Scharfschützen postiert hat», frotzelte der Ex-Monty-Python-Mann noch vor der Premiere. Unnötig. Der 77-jährige tanzte und jubelte auf dem roten Teppich, als sei er mindestens 25 Jahre jünger.
Sieger: Der Japaner Hirokazu Kore-Eda gewinnt die Goldene Palme von Cannes. (Video: Tamedia/Reuters)
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