Die privaten Soldaten werden immer mächtiger
Seit 9/11 haben die USA ihr Rüstungsetat mehr als verdoppelt. Ein grosser Teil des 720-Milliarden-Budgets fliesst heute zu privaten Konzernen. Diese werden immer mächtiger – jetzt schlagen Experten Alarm.
Seit dem 11. September 2001 rüsten die USA auf wie kaum je zuvor. Der Rüstungsetat der Vereinigten Staaten hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt: Von 304 Milliarden im Jahr 2001 stiegen die Ausgaben bis heute auf 720 Milliarden US Dollar. Dabei gibt das Land den Grossteil seines Budgets schon lange nicht mehr für herkömmliches Kriegsmaterial wie Panzer und Kriegsschiffe aus. Heute wird in Satelliten, Software und Elektronik investiert. Das Geld, welches in diesen Bereich fliesst, geht hauptsächlich an private Firmen.
So etwa SRA International, welche Datenanalyse betreibt, Software entwickelt und Sicherheitssysteme baut. Die Firma verdient ihr Geld gewissermassen mit Geheimdienstaufgaben und konnte so seit 9/11 pro Jahr rund 20 Prozent wachsen, wie «Die Zeit» berichtet. Dabei ist SRA bei weitem nicht das einzige Unternehmen, welches seit den Angriffen auf das World Trade Center von den neuen Rüstungsmilliarden der USA profitiert. Heute nehmen private Firmen Terrornetzwerke unter die Lupe, bewachen CIA-Chefs auf Auslandbesuchen, bilden Spione aus und führen Befragungen von Gefangenen durch. Laut der Zeitung arbeiten rund 2000 Privatunternehmen für die Innere Sicherheit der USA. Alleine für diese Betriebe gibt das Pentagon heute 250 Milliarden aus.
Vom U-Boot zum IT-Konzern
Was heute zählt, ist nicht mehr eine furchteinflössende Armee, die abschreckt, sondern ein agiler Sicherheitsapparat, dem keine Informationen von zerstreuten Terrorgruppen durch die Lappen gehen. Dies haben mittlerweile selbst klassische Rüstungskonzerne erkannt und sind ebenfalls in das neue Geschäft eingestiegen. General Dynamics etwa, einst für den U-Boot-Bau bekannt, kaufte in den letzten Jahren mehrere IT-Firmen auf und steigerte somit den Umsatz von 10,4 Milliarden auf fast 33 Milliarden Dollar. Ähnlich verhält es sich mit Lockheed Martin, so «Die Zeit». Einst mit Kampfflugzeugen und Raketenabwehrsystemen gross geworden, macht das Unternehmen zurzeit einen Viertel des Umsatzes mit Informationsanalyse und Software-Produktion.
Allison Stanger, Professorin für Politikwissenschaften an der Middlebury University, kommentiert die Situation gegenüber der Zeitung folgendermassen: «Die amerikanische Aussenpolitik ist im Laufe des letzten Jahrzehnts im Grunde privatisiert worden.» Das bereitet einigen Kritikern Kopfschmerzen, denn die Unternehmen werden immer mächtiger. Die Sicherheitswelt rund ums US-Verteidigungsministerium und das Department of Homeland Security ist mittlerweile so gross und verwoben geworden, dass Beratungsfirmen wiederum dem Staat dabei helfen müssen, den Überblick unter den Vertragspartnern und Aufgabenbereichen zu wahren.
Eine dermassen hohe Abhängigkeit trage stark zur Verwundbarkeit bei, meint Stanger zur Thematik. Bei Beratungen sässen bereits Mitarbeiter privater Geheimdienstfirmen mit am Tisch und externe Gutachter entschieden über die Neubesetzung eines CIA-Postens.
Dubiose Verbindungen
Last but not least stellen Sicherheitsfirmen in Einsatzgebieten wie dem Irak oder Afghanistan bereits mehr Leute als die US-Armee, hebt «Die Zeit» hervor. Dies trage zur Aufweichung von Kommandoketten bei und mache es zusehends schwieriger, die Verantwortlichen von Übertretungen und Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Und davon gibt es genügend Beispiele. So sorgten Söldner der Firma Blackwater 2007 für Schlagzeilen, als sie in Schiessereien verwickelt waren. Des weiteren kamen Ermittler des Senats 2010 zum Schluss, dass mehrere Sicherheitsfirmen regen Kontakt zu Aufständischen, Warlords und Kriminellen pflegten.
Mittlerweile versucht ein Komitee von Kongressmitgliedern per Gesetzesvorschlag gegen die dichten Verstrickungen zwischen Staat und privaten Firmen vorzugehen. Einfach dürfte das Entwirren des Gebildes nicht werden. Doch können die Initianten des Vorstosses darauf hoffen, dass das defizitäre Budget der USA das ihrige zur Lösung des Problems beitragen wird.
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