«Die Reife eines Shaqiri oder Xhaka hatten wir damals nicht»
Der ehemalige Nationalspieler Hakan Yakin sagt als Kolumnist von Redaktion Tamedia, was im Nationalteam anders ist als früher.
Ich durfte während vieler Jahre der Nationalmannschaft angehören. Aber wenn ich die Spieler von damals mit den heutigen Athleten vergleiche, fällt mir eines ganz besonders auf: Sie legen ein unglaubliches, ja unerschütterliches Selbstvertrauen an den Tag. Ich habe vor den beiden WM-Qualifikationsspielen gegen Norwegen und Island diverse Interviews unserer Nationalspieler mit Aufmerksamkeit verfolgt. Trotz des Selbstbewusstseins drücken die Statements nie Arroganz oder Überheblichkeit aus. Beeindruckend ist, wie sich die beiden neuen Bundesligaspieler Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka in den Medien präsentieren. Ihre Antworten auf viele der gestellten Fragen sind zwar nicht immer glücklich, aber ehrlich, und inhaltlich weisen sie auf eine gewisse Reife hin.
Gerade bei der jeweiligen Einschätzung ihrer eigenen Leistung auf dem Platz haben die Analysen stets Hand und Fuss. Xhaka erklärte in einem Gespräch mit dem «Tages- Anzeiger», warum er so selbstbewusst auftritt. Und dieses Interview hatte viel Fleisch am Knochen. Xhaka scheute sich auch nicht, zu sagen, was er denn besonders gut könne. Er glaube, dass er das im Spiel intelligent mache, mit guter Technik und Übersicht. Das nenne ich Selbstbewusstsein.
«In der Bundesliga braucht es Xhakas Durchsetzungsvermögen»
Er erklärte auch, weshalb er sich in Mönchengladbach während eines Spiels mit dem einheimischen Torhüter Marc-André ter Stegen angelegt hat. Er lasse sich einfach nichts gefallen, sagte der Schweizer, der erst gerade ein paar Monate in Deutschland ist. Das ist ganz jenes Durchsetzungsvermögen, das es in der Bundesliga braucht. Eine Kernaussage Xhakas war, und das widerspiegelt den Erfolg der Nationalmannschaft und die damit verbundene Winnermentalität, dass man jedes Spiel mit der Vorgabe angehen müsse, dieses auch unbedingt gewinnen zu wollen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass die ältere Generation vorwiegend spielte, um das Spiel ja nicht zu verlieren, besonders wenn man auswärts antrat. Eine ehrliche Antwort gab Xhaka auch auf die Frage, was er unter Bodenständigkeit verstehe. Er sagte, sein Leben habe sich nicht verändert. Er habe die gleichen Kollegen, trage die gleichen Kleider und fahre auch keinen Ferrari, obwohl er sich einen solchen leisten könnte. Das mit dem Ferrari hätte er vielleicht beiseitelassen können. Der Boulevard hätte wohl die grosse Schlagzeile daraus gemacht, was Xhaka sofort in die Ecke der Arroganz gedrängt hätte.
«Wir waren doch noch etwas naiv»
Wenn ich mich zurückerinnere, waren wir früher in unseren jungen Jahren doch etwas naiv. Als ich noch so alt war wie Shaqiri und Xhaka, bin ich dem einen oder anderen Journalisten schon mal in den Hammer gelaufen. Schlimm war dann, wenn einem ein einziger Satz aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Aber mit der Zeit habe auch ich daraus gelernt und konnte später dann damit problemlos umgehen. Unsere heutigen Nationalspieler sind trotz ihrer Jugend selbstbewusst, streichen ihre Stärken bewusst heraus und geben gute Statements ab. Sie haben schon in jungen Jahren gelernt, wenn nötig, Fragen auch mit einem Schuss Diplomatie zu beantworten. Nein, die Reife eines Shaqiri oder eines Xhaka hatten wir damals in unseren jungen Jahren noch nicht.
«Das birgt auch Gefahren»
Doch dieses Vertrauen in die eigenen Stärken und dieses Selbstbewusstsein birgt auch Gefahren. Die Spiele gegen Norwegen und Island sind ein echter Prüfstein. Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld muss darauf achten, dass das Selbstbewusstsein seiner Spieler nicht in Überschätzung umschlägt. Das könnte nach den beiden Siegen gegen Slowenien und Albanien zum Start in die WM-Qualifikation fatale Folgen haben. Aber wenn die Schweizer diese Partien mit ihrem gesunden Selbstvertrauen und nicht mit Selbstüberschätzung angehen, dann werden wir einen weiteren grossen Schritt Richtung Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien machen.
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