Die Schattenparty
St. Moritz ist schön, Hochfilzen besser – sagen sich jedenfalls die Biathleten. Und krönen gleichzeitig mit den Alpinen ihre Weltmeister. Das gefällt nicht allen.
Sie schwingen ihre Fahnen und singen und jauchzen. Sie feiern die Sieger ausgelassen und applaudieren sportlich für die Verlierer. Ein Skifest in einer Winterlandschaft. Nur: Wir sind nicht im Engadin, wir sind in Tirol.
Willkommen im Paralleluniversum Hochfilzen. Während die Schweiz und der Rest der alpinen Skiwelt im Bann der WM in St. Moritz und der Medaillenhatz der Einheimischen steht, kämpfen in Hochfilzen die Biathleten um Sekunden und Medaillen und Ruhm und Ehre. Heissen am einen Ort Beat Feuz, Wendy Holdener oder Luca Aerni die strahlenden Sieger, sind es am anderen Laura Dahlmeier, Martin Fourcade und Ole Einar Björndalen.
Doppelstockstoss oder Abfahrtshocke – der TV-Zuschauer hat derzeit die Wahl: Ski- und Biathlon-WM finden zeitgleich statt. Und die beiden Anlässe bescheren den TV-Stationen in Ländern mit grosser Wintersporttradition Traumquoten. Zum Beispiel vergangenen Sonntag: Den Sieg von Beat Feuz in der Abfahrt sahen allein bei SRF knapp 1,1 Millionen Zuschauer. Beim ZDF wiederum schalteten 4,5 Millionen ein, um Laura Dahlmeier im Sprint siegen zu sehen.
Trotzdem ist die Terminkollision nicht nach jedermanns Geschmack. «Ehrlich gesagt, passt mir das gar nicht», sagt Peter Schröcksnadel, Präsident des österreichischen Skiverbandes. Biathlon ist in den ÖSV integriert, was Schröcksnadel zusätzliche Reisekilometer beschert. So musste er am Tag nach dem Sieg von Nicole Schmidhofer im Super-G von St. Moritz nach Hochfilzen fahren, um dort der WM-Eröffnung beizuwohnen.
«Das ist für uns nicht ideal»
Zur Konstellation kommt es, weil Biathlon – anders als eben in Österreich, jedoch wie bei Swiss Ski – nicht Teil des internationalen Skiverbandes FIS ist. Und sie lässt sich teilweise gar nicht verhindern: Jährlich wird eine Biathlon-WM ausgetragen, im besten Fall im tiefen Winter, und so droht jedes Jahr eine Überschneidung mit den Alpin- oder Nordisch-Weltmeisterschaften der FIS.
Allerdings: Sie wird teilweise sogar angestrebt. Denn, wie Schröcksnadel dem «Kurier» sagt: «So, wie es jetzt ist, profitieren am Ende alle.» Vor allem das Fernsehen: TV-Stationen versprechen sich durch das WM-Doppelpack noch bessere Einschaltquoten bei beiden Übertragungen. Die Hoffnung: Wer erst einmal eingeschaltet hat, lässt eingeschaltet. Das betrifft das deutsche Fernsehen, bei dem Biathlon der Gassenfeger ist und die Alpinen das Supplement, genauso wie SRF mit der umgekehrten Ausgangslage.
Wie die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland wurde auch das Schweizer Fernsehen in die Terminfindung der beiden Grossanlässe miteinbezogen, «als kleiner Broadcaster haben wir jedoch wenig Gewicht bei der Entscheidung», gesteht Roland Mägerle, Leiter der SRF-Sportabteilung.
Beat Feuz nur eine Randnotiz
Entsprechend ist er nicht restlos glücklich mit der Überschneidung: «Für uns ist das nicht ideal.» Es sei kaum möglich, beiden Highlights gleichermassen gerecht zu werden, führt Mägerle aus, ausserdem könnten Verschiebungen aus meteorologischen Gründen die Planung bei beiden Events schnell durcheinanderwirbeln. Anders im Weltcup: «Hier machen aufeinander abgestimmte Events Sinn.» Vor allem an Wochenenden mit zusammenhängenden Übertragungen.
Ein Ungleichgewicht in der Abdeckung ist auch in anderen Medien zu beobachten, vorab in Print und Online: In Deutschland interessiert primär Biathlon, dort ist es Wintersport Nummer 1, in der Schweiz und in Österreich haben die Alpinen diesen Status inne. So war der Triumph von Kugelblitz Feuz der «Bild»-Zeitung zwei kurze Absätze wert. Demgegenüber standen mehrere Artikel über die zwei bisherigen deutschen Sieger in Hochfilzen, Doll und Dahlmeier.
Bei Redaktion Tamedia war dieses Ungleichgewicht nicht anders, aber umgekehrt. Was ungefähr das Gezeigte der Schweizer Vertreter an der Biathlon-WM spiegelt: Der 11. Rang von Selina Gasparin im Sprint über 7,5 Kilometer vom vergangenen Freitag ist noch das beste Ergebnis.
Der Eklat um Martin Fourcade: Der Franzose verlässt das Podest aus Protest. Video: Tamedia/SRF
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