«Die Signalwirkung ist fatal»
Ruhe in Europa nach dem Zypern-Entscheid? Das Gegenteil ist der Fall. Der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger kritisiert das Rettungspaket scharf.
Zwei Tage nach der Einigung auf ein Rettungspaket für Zypern hält die Debatte über das Krisenmanagement der Eurozone weiter an. Wirtschaftsexperten äusserten sich kritisch zum Zustand des Währungsverbunds. Politiker wandten sich gegen eine generelle Beteiligung reicher Sparer an der Rettung angeschlagener Banken im Euroraum.
Frankreichs Präsident François Hollande unterstrich bei einer Pressekonferenz mit dem spanischen Regierungschef Mariano Rajoy in Paris, die Einlagensicherung sei ein «unbedingtes Prinzip». Was in Zypern geschehe, sei «besonders und einmalig», sagte er. Ähnlich äusserte sich Rajoy.
Fragile Konstruktion
Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker sagte dem «General-Anzeiger» aus Bonn, nun aufkommende Nationalismen und Ressentiments zeigten, «wie fragil die europäische Konstruktion trotz der Erfolge der vergangenen Jahrzehnte ist». Er habe «immer vermutet, dass unter der Oberfläche noch vieles brodelt».
Der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger übte in der «Passauer Neuen Presse» scharfe Kritik am Rettungspaket für Zypern. Die Signalwirkung für den Euroraum sei «fatal», sagte er und sprach von einem «Aufruf an die Anleger, ihr Geld abzuziehen, sobald sich auch nur die geringsten Probleme bei ihrer Bank zeigen».
Der US-Ökonom Adam Posen prognostizierte in der «Welt», dass Spanien oder Irland noch vor dem Jahresende Unterstützung aus dem Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank beantragen müssten. Die Wahrscheinlichkeit für einen Antrag eines der beiden Länder bezifferte er auf 80 Prozent.
Solidarität mit Deutschland gefordert
«Das Modell Zypern lässt sich nicht einfach eins zu eins auf ganz Europa übertragen, Zypern ist ein Spezialfall», sagte hingegen CDU-Fraktionsvize Michael Meister der «Rheinischen Post» aus Düsseldorf. In Zypern gehe es nicht um eine einzelne Bank, sondern um einen übergrossen Bankensektor, der schrumpfen müsse.
Die deutsche Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verlangte im «Münchner Merkur» mehr Solidarität mit Deutschland in der Eurokrise. Von Kommissionschef José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman van Rompuy forderte sie, Deutschland «gegen ungerechtfertigte Vorwürfe» zu verteidigen.
Nur 100 Euro abheben
Die Finanzminister der Eurozone hatten am Montag beschlossen, Zypern Hilfen von bis zu zehn Milliarden Euro zu gewähren. Zugleich soll der Bankensektor des Landes umstrukturiert werden. Zudem ist ein Abschlag auf Bankguthaben von mehr als 100'000 Euro bei der marktführenden Bank of Cyprus vorgesehen.
Am Donnerstag sollen in Zypern die Banken wieder öffnen. Um einer umfassenden Kapitalflucht vorzubeugen, sind Abhebungen aber auf 100 Euro pro Tag begrenzt. Auch am Dienstag demonstrierten in der Hauptstadt Nikosia wieder zahlreiche Menschen gegen das Rettungspaket, unter ihnen Schüler und Bankangestellte.
AFP/kle
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