«Die SP positioniert sich immer wieder linkskonservativ»
Sie wirken bei der Operation Libero mit und wollen die Zürcher Grünliberalen verjüngen. Corina Gredig und Nicola Forster sollen neu die GLP präsidieren.

Die Zürcher Grünliberalen schafften 2007 den Sprung von null auf zehn Sitze im Kantonsrat. 2011 ging es weiter aufwärts auf 19 Sitze. 2015 folgte der Absturz auf 14 Sitze. Wo landet die GLP 2019?
Corina Gredig: Es ist normal, dass man sich als junge Kraft finden muss. So kommt es dann zu einem Zickzackkurs in der Wählergunst. Wir sind aber davon überzeugt, dass es viele Menschen gibt, die grünliberal denken. Ihnen ist es ein Anliegen, dass man Umwelt-, Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zusammendenkt und nach pragmatischen Lösungen sucht. Diese Leute wollen wir abholen. Wir stehen vor enormen Herausforderungen – die grösste ist der Klimawandel, hinzu kommen die demografische Entwicklung und das Engagement für eine offene Schweiz. Dafür möchten wir uns einsetzen.
Nicola Forster: Wir stehen für das Wachstumspotenzial, das die Grünliberalen haben. Wir haben mit dem GLP-Lab, mit dem Thinktank Foraus, mit der Operation Libero Organisationen aufgebaut, die Leute mobilisieren, welche sich bisher in der Politik nicht gross eingebracht haben. In einer Zeit, wo die Linken linker werden, die Rechten rechter, die Konservativen konservativer, gibt es in der Mitte ein grosses Potenzial von vernünftig denkenden Menschen, die fortschrittliche Lösungen wollen.
Dann wird es also wieder aufwärtsgehen mit Ihrer Partei?
Gredig:Untersuchungen zeigen, dass viele Wähler grünliberale Ideen unterstützen, die Partei aber nicht wählen. Wir wollen den Leuten erklären, weshalb man uns wählen soll.
Braucht es eine Imagekorrektur? Die Grünliberalen gelten gerade im Kanton Zürich als blutleere Technokratenpartei …
Gredig: Ich glaube, das Zusammendenken von Umwelt-, Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist eigentlich ein modernes Konzept. Aber es braucht eine Übersetzungsleistung, damit die Leute verstehen, was wir wollen. Hinzu kommt: Die Zürcher Grünliberalen haben eine besondere Geschichte. Am Anfang stand die Abspaltung von den Grünen. Unsere Nomination versinnbildlicht die Stabsübergabe der grünliberalen Gründer an eine junge Generation. Bei der Spaltung – 2004 – war ich noch nicht einmal volljährig.
Mit Ihnen übernimmt eine unbelastete Generation das Ruder?
Forster: Ja, Wir stehen nicht für Konflikte. Wir müssen uns nicht abgrenzen der Abgrenzung willen. Wir kamen beide zu den Grünliberalen, weil uns die Idee faszinierte, dass liberale Politik nicht nur das Engagement für die Freiheit von uns Heutigen bedeuten darf – sondern auch für die Freiheit künftiger Generationen.
Bisher stimmten die Zürcher Grünliberalen in ökologischen Fragen links, bei finanz- und sozialpolitischen Themen, etwa in Migrationsfragen, positionierte sich die Partei dagegen dezidiert bürgerlich. Ist das der Weg, um die fortschrittliche Mitte zu mobilisieren?
Forster: Als Mittepartei sollten wir links der bürgerlichen Parteien stehen. Wir wollen stärker in die Zukunft investieren als etwa die FDP - und zwar nicht nur im Umweltbereich. In der progressiven Mitte hat es viel Platz, weil sich die SP in letzter Zeit immer wieder linkskonservativ positioniert. Wir beide haben in unserem bisherigen politischen Schaffen bewiesen, dass wir für Offenheit stehen.
Laut Untersuchungen sind grünliberale Wähler linker als die grünliberalen Exponenten. Sie wollen die Partei so positionieren, dass Ihre Partei näher bei Ihren Wählern ist?
Gredig: Es ist richtig, dass es eine solche Untersuchung gibt. Man greift allerdings zu kurz, wenn man nur auf die Links-rechts-Dimension schaut und dabei die Spannung zwischen dem progressiven und dem konservativen Pol vernachlässigt. Uns ist wichtig, dass wir progressiv sind. Wir möchten uns dafür einsetzen, dass mehr und stärker in die Zukunft investiert wird.
Forster: Wir wollen die Partei sein, die dem FDP-Wähler eine neue Heimat gibt, wenn er nach dem Hitzesommer findet, dass es nicht mehr weitergehen kann wie bisher. Ebenso wollen wir dem SP-Wähler eine neue Heimat bieten, der sich daran stört, dass die SP immer konservativer, gewerkschaftlicher und innovationsfeindlicher wird. Gleichzeitig wollen wir uns im Interesse des Kantons dafür einsetzen, dass wir Brücken bauen und Allianzen bilden, um guten Lösungen zum Durchbruch zu verhelfen.
Ganz konkret: Was sind für Sie progressive Anliegen?
Gredig: Wir möchten uns für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einsetzen. Auch die «Ehe für alle» ist uns ein Anliegen.
Forster: Dazu kommt als weiterer Schwerpunkt die Innovation. Wie stellen wir uns vor dem Hintergrund der Automatisierung auf, die dazu führt, dass immer mehr Jobs von Robotern erledigt werden? Der einzige Weg ist eine gewaltige Bildungsoffensive. Dazu braucht es ein neues Denken und viel Offenheit gegenüber den Möglichkeiten der Digitalisierung.
Jetzt wollen Sie das Präsidium einer klassischen Partei übernehmen. Kann man innerhalb dieser traditionellen Strukturen progressive Politik machen?
Forster: Wir stehen für eine neue Art von Politik. Bisher war es so, dass man sich in einer Partei engagierte, weil man nach einem politischen Amt strebte. Heute ist es anders: Da gibt es viele Leute, denen die Zeit fehlt, um sich umfassend in einer Partei einzusetzen, denen aber ein bestimmtes Thema wichtig ist. Wir möchten uns für solche Leute, etwa für junge Eltern, öffnen. Man soll sich auch punktuell engagieren können, aus inhaltlichem Interesse und weil man Teil der Bewegung sein möchte.
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