Die Sprache des Bösen sprechen
Krimi der Woche: Im Politthriller «Fake» führt Roger Smith alias James Rayburn den Zynismus der Machtmenschen vor.

Der erste Satz
Als die Scheinwerfer des Toyota Land Cruiser über den bärtigen Kopf glitten, der unter dem Uhrturm von Rakka auf einem Pfahl aufgespiesst war, empfand Catherine Finch nicht das Geringste.
Das Buch
Der bisher härteste Roman dieses Jahres ist im Januar erschienen: «Mann am Boden» von Roger Smith. Der Südafrikaner schreibt unter dem Pseudonym James Rayburn Politthriller, und einen solchen bringt sein deutscher Verlag Tropen jetzt: «Fake» ist offenbar schon 2016 entstandenen, aber im Original nicht erschienen. Der Roman ist beinhart und brillant konstruiert, wie die Werke, die Smith nicht mit seinem wirklichen Namen signiert.
Bei einem amerikanischen Drohnenangriff auf einen IS-Führer in Syrien kommt auch eine als Geisel gehaltene amerikanische Ärztin um. Ihr Tod könnte die laufenden Nahost-Friedensverhandlungen gefährden. Der frühere CIA-Agent Pete Town soll die Tote für die Medien als lebend inszenieren. Es geht darum, «das Narrativ zu kontrollieren, den Nachrichtenkreislauf zu bestimmen». Sein Chef sagt: «Vergessen Sie eines nicht: Alles, was je in der Geschichte dieses Landes passiert ist, wurde irgendwann zur Unterhaltung.»
Pete Town, froh seinem Rentnerdasein zu entkommen, macht sich an die Arbeit. Zum Teufel mit den Fakten, ist sein Motto, schlimmer als schlechte Nachrichten sind langweilige Nachrichten. Doch eine unheilige Allianz aus IS-Warlords und US-Waffenlobby hat etwas gegen Towns Eingriff in den News Flow. Die Amerikaner, weil die Friedensinitiative «amerikanische Freiheiten» gefährde. Die Freiheiten der Waffenhändler. Ein bizarrer Wettlauf um die Geisel, ob tot oder lebendig, entwickelt sich. Rayburn alias Smith hat für diese Geschichte einen ebenso spannenden wie teuflischen Plot entwickelt, der unaufhaltsam auf ein Desaster zusteuert und den einige am Rande beteiligte Menschen, etwa der Ehemann der Geisel, nicht überleben.
Dabei führt der Autor gnadenlos das Machtgebaren auf allen Seiten vor, den Zynismus seiner Protagonisten, die keine Hemmungen kennen, wenn es darum geht, ihre Ziele zu erreichen. Da unterscheiden sich die Männer vom State Departement in Washington, die Warlords in Syrien, die FBI-Agenten in Kalifornien und die Handlanger der Waffenlobby nicht wirklich voneinander. Selbst Town, dem man als Leser mit einer gewissen Sympathie folgt – und dies nicht nur, weil er Ameisen aus der Küche sorgfältig zum Fenster hinausbefördert, statt sie zu zerdrücken –, kennt letztlich genauso wenig Gnade wie alle anderen. Als er beginnt, seine Entscheidungen infrage zu stellen und sich eingestehen muss, die Orientierung verloren zu haben, bringt ihn ein russischer Kollege wieder auf die Spur: «Wie du selbst nur zu gut weisst, Pete, muss man die Sprache des Bösen sprechen, um es zu besiegen.»
Die Wertung
Der Autor
James Rayburn ist eines der Pseudonyme des Autors Roger Smith. Smith, geboren 1960 in Johannesburg, war als Drehbuchautor, Regisseur und Filmproduzent tätig. Er hat seit 2009 rund ein Dutzend Romane veröffentlicht, von denen fast alle auf Deutsch erschienen sind, auch ein Horrorroman, den er unter dem Pseudonym Max Wilde publizierte («Schwarzes Blut», Heyne), und ein Rayburn-Thriller («Sie werden dich finden», Tropen). Die Thriller unter seinem wirklichen Namen sind beinhart und herausragend (zuletzt Anfang dieses Jahres: «Mann am Boden», Tropen). Roger Smith lebt und arbeitet in Thailand.

James Rayburn: «Fake». Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Tropen/J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 2018. 383 S., ca. 23 Fr.
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