Die SVP setzt sich in Szene
Mehr als sechs Stunden lang debattierte der Nationalrat über die Begrenzungsinitiative der Volkspartei.

Für die SVP war es eine der letzten Möglichkeiten vor den Wahlen, ihr Kernthema in Szene zu setzen. In der gestrigen Debatte zur Begrenzungsinitiative stellte die SVP denn auch rund die Hälfte der 81 Nationalrätinnen und Nationalräte, die sich zu Wort meldeten. Die Konstellation für die SVP war gut: Alle anderen Parteien sind gegen die Initiative, womit sie sich einmal mehr als alleinige Kämpferin für das Anliegen inszenieren konnte.
Die Begrenzungsinitiative verlangt, dass die Schweiz die Zuwanderung aus der EU wieder selbstständig steuern kann; lanciert wurde sie von der SVP und der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz. Würde sie angenommen, müsste der Bundesrat Verhandlungen mit der EU aufnehmen, um die Personenfreizügigkeit auszusetzen. Ein Jahr hat er dazu Zeit. Kommt es innerhalb dieser Frist zu keiner Lösung, muss die Schweiz die Personenfreizügigkeit einseitig kündigen. Damit würde die Guillotineklausel ausgelöst, die zu einer Kündigung aller Verträge der Bilateralen I führen würde.
«10-Millionen-Schweiz»
Sechs Stunden lang debattierte der Nationalrat gestern über das Anliegen. Ausländische Arbeitnehmer würden die Schweizer auf dem Arbeitsmarkt verdrängen, sie würden Kosten für die Sozialversicherungen verursachen, die Zuwanderung fördere die Zersiedelung, die Mieten stiegen, die Strassen seien verstopft: Es waren die bekannten Argumente der SVP, die wieder und wieder vorgetragen wurden. Man dürfe das Wirtschaftswachstum nicht über alles stellen. «Wollen wir wirklich eine 10-Millionen-Schweiz?», fragte der Zürcher Nationalrat Gregor Rutz. Vertreter der anderen Parteien gaben der SVP in diesem Bereich recht: Das Wirtschaftswachstum habe durchaus negative Folgen, sagte etwa CVP-Nationalrätin Ruth Humbel. Jedoch müsse man diese Probleme im jeweiligen Kontext angehen. Kurt Fluri (FDP, SO) sprach davon, dass man Vor- und Nachteile abwägen müsse. «Die Kantone, Verbände und Parteien kommen zum Schluss, dass die Vorteile überwiegen.» Die Wirtschaft, so lautete der Tenor, sei auf die Personenfreizügigkeit angewiesen.
Oft und gerne wiesen die SVP-Redner auf die Masseneinwanderungsinitiative hin, die 2014 vom Volk knapp angenommen worden war. Die Initiative sei nicht umgesetzt worden, klagte etwa Lukas Reimann. Die anderen Parteien betonten hingegen, dass sich das Schweizer Stimmvolk schon bei zahlreichen Abstimmungen für die Bilateralen ausgesprochen habe. Das Vertragspaket mit der EU sei das Erfolgsrezept der Schweiz. «Begrenzungsinitiative ist schönfärberisch. Sie sollte Kündigungsinitiative heissen, schliesslich ist es ein frontaler Angriff auf die Bilateralen», sagte etwa FDP-Vertreter Matthias Jauslin. Die SVP-Gegner waren sich einig: Es sei illusorisch, zu denken, dass die Schweiz innerhalb von einem Jahr eine Lösung mit der EU finden könne. Das zeigten auch die Verhandlungen zum Rahmenabkommen oder zum Brexit. «Die chaotischen Zustände in Grossbritannien sollten uns zu denken geben», so der Grünliberale Beat Flach.
Zahlreiche Vorwürfe waren zu hören: Die Befürworter der Personenfreizügigkeit würden in Kauf nehmen, dass die Identität und Souveränität der Schweiz gefährdet werde, sagten SVP-Vertreter. Politiker von SP und Grünen wiederum kritisierten, dass die SVP den Lohnschutz angreife, der auf den flankierenden Massnahmen und damit auf der Personenfreizügigkeit fusse. Zu einer Abstimmung über das Anliegen kam es gestern nicht mehr. Der Nationalrat wird die Debatte nächste Woche am Mittwoch fortsetzen.
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