Die Trümpfe der Jihadisten
Nur einige tausend IS-Kämpfer bringen die irakische Regierung und die kurdischen Peschmerga in Bedrängnis. Dafür gibt es vor allem fünf Gründe.
Die Kampfverbände der Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) sind laut Experten zahlenmässig weniger stark, als es ihr rasantes und nahezu ungehindertes Vorrücken im Irak vermuten lässt.
Die Rede ist von einigen tausend Mann, welche die Regierungstruppen seit zwei Monaten vor sich hertreiben. Das sind die Gründe:
Modernes Waffenmaterial
Die Jihadisten haben besonders in der Anfangsphase ihres Feldzugs etliche Panzer, Schützenwagen, Raketen und andere schwere Waffen von feindlichen Kampfverbänden erbeutet. Besonders die irakische Armee hat bei ihrem Rückzug moderne Ausrüstung hinterlassen, die zu grossen Teilen aus den USA stammt. Dadurch konnten die IS-Kämpfer «erhebliche Mengen jener Ausrüstung erbeuten, die sie am dringendsten brauchten», schildert der Rüstungsexperte Anthony Cordesman vom Center for Strategic and International Studies in Washington.
Erfahrungen aus dem syrischen Bürgerkrieg
Die Jihadistengruppe hat ihre Ursprünge in Syrien, nicht umsonst hiess sie deshalb bis vor kurzem Islamischer Staat im Irak und in Grosssyrien (ISIS). Die Beteiligung an den Gefechten des syrischen Bürgerkriegs habe der IS «unvergleichliche Trainings- und Lernmöglichkeiten geboten», erläutert die auf Aufklärungsdienste spezialisierte US-Firma Soufan.
Die Jihadisten kämpfen in Syrien seit 2013 sowohl gegen die Führung von Machthaber Bashar al-Assad als auch gegen die mit ihm verfeindeten Rebellen, von denen einige ebenfalls islamistische Motive haben. Allerdings hat sich die IS dabei einen Ruf als besonders brutale Bewegung erworben, deren Kämpfer den eigenen Tod nicht fürchten.
Strategische Kampfführung
Die Militäroffensive der Jihadisten konzentriert sich bislang auf sunnitisch geprägte Regionen, in denen die IS Rückhalt erfährt sowie strategisch bedeutsame Infrastruktur oder schwach verteidigte Einrichtungen erobern konnte. Weil der Widerstand in diesen eher dünn besiedelten Regionen sehr überschaubar ausfiel, konnte die IS die Verluste in den eigenen Reihen minimieren sowie Motivation und Zusammenhalt ihrer Milizionäre stärken. Die Jihadisten seien «einfach sehr gut darin, ihre Gegner in die Flucht zu schlagen, wenn diese schon geschwächt sind», meint Michael Knight vom Washington Institute for Near East Policy.
Wirkungsvolle Propaganda
Den militärischen Erfolg verdankt die IS auch ihrem Ruf als besonders grausame und blutrünstige Miliz. Dadurch fielen ihr ganze Dörfer kampflos in die Hände. Über das Internet und die sozialen Netzwerke verbreitet die Gruppe gezielt makabere Fotos, etwa von enthaupteten Feinden. Inzwischen wird ihr laut dem Soufan-Sicherheitsexperten Patrick Skinner eine «schier unmenschliche Mordlust» zugeschrieben. In Sindjar flüchteten am Wochenende zehntausende Zivilisten vor den anrückenden Islamisten. Experten halten Einschüchterung deshalb für eine der wichtigsten IS-Taktiken.
Schwache Feinde
Eine besondere Stärke der IS ist die Schwäche ihrer Feinde. Die kurdischen Peschmerga-Milizen seien im Vergleich zur irakischen Armee zwar noch relativ kampfstark, sagt der Rüstungsexperte Cordesman, «aber ihre Infanterie ist wirklich schwach». Erfahrene Kämpfer, die schon gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein gefochten hätten, gebe es heute nicht mehr. Ausserdem schmälerten die finanziellen Probleme der Autonomieregierung von Kurdistan auch die Kampfkraft der Peschmerga.
Die irakische Armee wiederum versucht immer noch vergeblich, ihre Selbstauflösungserscheinungen nach den Anfangserfolgen der Jihadisten vergessen zu machen. Von einer schlagkräftigen Truppe kann derzeit keine Rede sein, wie die mangelnden Resultate der angekündigten Gegenoffensive verdeutlichen. «Die IS hat die frappierenden Schwächen ihrer Gegner aufgezeigt», heisst es bei Soufan. «Das zeigt sich ganz besonders im erbärmlichen Erscheinungsbild der irakischen Armee.»
SDA/rub
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