
In der Energiepolitik hat sich viel getan. Inzwischen ist es weitgehend akzeptiert, dass wir die erneuerbaren Energien in der Schweiz massiv ausbauen müssen – insbesondere die Fotovoltaik. Auch Massnahmen für mehr Energieeffizienz werden breiter getragen als auch schon.
Doch mit einem massiven Ausbau von Erneuerbaren und Energieeffizienz allein haben wir unsere Hausaufgaben zu wenig gut gemacht. Es bleibt die Herausforderung, dass wir in den Wintermonaten zu wenig einheimischen Strom zur Verfügung haben. Hier gebe ich kritischen Stimmen recht: Dieses Problem müssen wir umgehend angehen.
Innovationskraft und Pioniergeist
Doch anders als viele Kritiker der aktuellen Energiepolitik möchte ich keine Lösung, die auf neue Grosskraftwerke mit Technologien aus dem letzten Jahrtausend setzt. Ich setze vielmehr auf zukunftsfähige Technik, die Innovationskraft und den Pioniergeist, welche die Schweiz seit jeher ausmachen, um das letzte Puzzleteil der Energieversorgung der Zukunft zu liefern. Und dieses heisst: Power-to-X.
Klimaschutz und Versorgungssicherheit gehen Hand in Hand. Sonne, Wind und Wasser sind die Energiequellen der Zukunft. Weil diese Produktion während des Tages und zwischen den Jahreszeiten naturgemäss schwankt, brauchen wir neben intelligenten Steuerungen (Smart Grid) deutlich mehr Speicherkapazitäten.
Die Kurzzeitspeicherung vom Tag in die Nacht wird über die Pumpspeicherwerke und die Batterien in Gebäuden und Fahrzeugen sichergestellt. Aber auch die Technologie für die Langzeitspeicherung steht mit Power-to-X bereit. Mit dieser Technologie wird überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien in synthetische Treib- und Brennstoffe umgewandelt und lagerbar gemacht.
Wissenschaft redet Klartext
Die Bedeutung von Power-to-X wird durch die Wissenschaft gestützt. Die Akademien der Wissenschaften schreiben in ihrem Strategiepapier zu netto null CO₂ und Versorgungssicherheit: «Langzeitspeicher in Form von Wasserstoff, Methan etc., produziert mit Strom, werden sehr wichtig für die künftige Energieversorgung sein.» In weniger akademischen Worten:
Mit Power-to-X können wir Energie einfach aufbewahren und dann einsetzen, wenn wir sie brauchen. Also Stromüberschüsse aus Wasser und Sonne im Sommer in Wasserstoff oder Methanol umwandeln, einlagern und im Winter zum Heizen und zur Stromproduktion einsetzen.
Und Power-to-X ist erst noch die Basis für den klimaneutralen Flugverkehr, der für die Erreichung des Netto-null-Zieles zwingend ist.
Investitionsoffensive in Energiespeicher
Bereits im Jahr 2014 reichte GLP-Nationalrat Thomas Böhni einen Vorstoss mit dem Titel «synthetische, CO₂-neutrale Treibstoffe aus erneuerbarem Überschussstrom» ein. Der Bundesrat meinte damals: «Innerhalb der nächsten zehn Jahre ist noch nicht mit einer wirtschaftlichen Produktion von synthetischen Treibstoffen im grossen Mass zu rechnen. Der Bundesrat wird die Entwicklung aktiv verfolgen.» Zehn Jahre sind bald um. Die Technologie ist auch dank Schweizer Forschung heute viel weiter. Nur der Bundesrat verfolgt wohl «aktiv» weiter, statt zu handeln …
Neben dem Ausbau der Stauseen, der alpinen Solarkraftwerke und der Windenergie müssen wir den Fokus der Energiepolitik dringend auf neue Speicher-Technologien richten: Ich bin fest davon überzeugt, Power-to-X wird zur zentralen Säule unserer sicheren und CO₂-neutralen Energiezukunft.
*Jürg Grossen ist Nationalrat und Parteipräsident der GLP Schweiz.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Gastbeitrag zur Klimapolitik – Die unbeachtete Schlüsseltechnologie
Power-To-X. Da verstehen viele nur Bahnhof. Dabei ist diese Technologie ein Schlüssel für mehr Klimaschutz und Versorgungssicherheit.