Die unbekannte Dritte
Der Journalist Glenn Greenwald gilt als zentrale Figur, wenn es um die Veröffentlichung von Snowdens NSA-Enthüllungen geht. Die wirklich wichtige Rolle spielte jedoch die Dokumentarfilmerin Laura Poitras.

Er gilt als Sprachrohr Edward Snowdens. Der Journalist und «Guardian»-Kolumnist Glenn Greenwald machte die NSA-Enthüllungen publik. Den Löwenanteil an der Arbeit im Falll leistete jedoch jemand anderes: die Dokumentarfilmerin Laura Poitras. Das Magazin der «New York Times» hat die 49-Jährige portraitiert.
Demnach ist es Poitras Know-how im Verschlüsseln von Nachrichten und Informationen zu verdanken, dass Edward Snowden die Akten über die NSA erst den Journalisten zugänglich machen konnte, ohne im Internet gleich aufzufliegen. Zudem war es Poitras, die auch realisierte, von welcher Bedeutung die Dokumente waren, die ihr Snowden zugeschickt hatte. Gegenüber Peter Maass, dem Autor des Artikels, beschreibt sie den Moment, in dem sie die Dimensionen der Angelegenheit realisierte: «Ich dachte, wenn das stimmt, dann hat sich mein Leben gerade auf den Kopf gestellt. Es war schlicht atemberaubend, welches Material und Wissen Snowden zur Verfügung stellen konnte.»
«Die Keyser Söze unserer Geschichte»
Auch Glenn Greenwald äussert sich zur Rolle von Laura Poitras: «Ich nenne sie die Keyser Söze unserer Geschichte; sie ist jene die total unsichtbar, zugleich aber allgegenwärtig ist.» Keyser Söze ist eine Figur aus dem Film «Die üblichen Verdächtigen», ein Gangsterboss der aus dem Hintergrund operiert und noch nie lebend gesehen wurde.
Poitras wiederum zeigt sich zufrieden mit ihrer Rolle als jene Person, die aus dem Hintergrund wirkt. Bei einem Redaktions-Besuch von Greenwald und Poitras beschreibt Autor Maass die Dokumentarfilmerin als ruhige Beobachterin, die Greenwald das Rampenlicht und die Lobpreisungen überlässt und das ganze mit den Worten «Das ist gut so, das ist perfekt» kommentiert.
Snowden: «furchtlose» Journalisten
Maass lässt in seinem Artikel aber auch Edward Snowden zu Wort kommen. Dieser begründet im Magazin der «New York Times» erstmals öffentlich, warum er seine brisanten Dokumente exklusiv über zwei Pressekontakte enthüllt hat. Laura Poitras und Glenn Greenwald seien «furchtlose» Journalisten und hätten wie nur wenige andere über kontroverse Themen berichtet, sagte Snowden. Die Kontaktaufnahme mit beiden habe sich allerdings schwierig gestaltet.
«Nach den Terroranschlägen vom 11. September haben viele der wichtigsten US-Medien ihre Rolle als Kontrolleure der Macht vernachlässigt», sagte Snowden in dem verschlüsselt geführten Gespräch. «Und zwar aus Angst davor, in einer Zeit gesteigerten Nationalismus als unpatriotisch zu gelten oder vom Markt bestraft zu werden.» Um die weltweite Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation durch staatliche Sicherheitsbehörden aufzudecken, habe er aber integre Journalisten gebraucht.
Poitras und Greenwald hätten sich in der Vergangenheit persönlichen Risiken ausgesetzt, um frei zu berichten. Poitras sei dadurch gar selbst ins Visier eben jener Programme geraten, die er kürzlich enthüllt habe, sagte Snowden. Sie habe «den Mut, die Erfahrung und die Kenntnisse demonstriert, die es für die vielleicht gefährlichste Aufgabe braucht, der sich ein Journalist stellen kann - nämlich über die geheimen Vergehen der mächtigsten Regierung der Welt zu berichten».
Greenwald wollte nicht verschlüsseln
Doch trotz der sorgfältigen Auswahl seiner Kontaktpartner sei das erste Zusammentreffen nicht reibungslos verlaufen. «Ich glaube, sie waren etwas verärgert darüber, dass ich jünger bin als sie erwartet hatten», gestand Snowden. «Und ich war etwas verärgert darüber, dass sie zu früh ankamen», da dies die Verifizierung der Identität seiner Kontaktpartner erschwert habe. Poitras sei sogar «noch misstrauischer mir gegenüber gewesen als ich ihr gegenüber - und meine Paranoia ist allgemein bekannt».
Obwohl sich die Journalisten als vertrauenswürdig erwiesen hätten, war Snowden nach eigenem Bekunden über manche Sorglosigkeit verwundert: So habe sich Greenwald zunächst geweigert, jegliche Kommunikation mit ihm zu verschlüsseln, obwohl er die Auswüchse staatlichen Machtmissbrauchs aus eigener Erfahrung kenne.
«Mich hat überrascht, dass es noch Leute in den Medien gibt, die nicht wissen, dass unverschlüsselt übers Internet versandte Nachrichten an alle Geheimdienste der Welt geliefert werden», sagte Snowden. «Angesichts der jüngsten Enthüllungen sollte klar sein, dass unverschlüsselte Kommunikation zwischen Journalisten und ihren Quellen absolut rücksichtslos ist.»
Der Computerexperte Snowden, der zuletzt als Auftragnehmer für den US-Geheimdienst NSA arbeitete, hatte unter anderem dem britischen «Guardian», für den Greenwald arbeitet, Informationen über umfangreiche Überwachungsprogramme der US-Geheimdienste zugespielt. Wegen der Enthüllungen wird der 30-Jährige von den USA per Haftbefehl gesucht. Er hält sich in Russland an einem geheimen Ort auf.
Mit Material der AFP angereichert.
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