Vereinte NationenNur 4 Länder stellen sich in grosser UNO-Abstimmung hinter Russland
Historische Mehrheit in der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Sie ächtet Putins völkerrechtswidrigen Annexionen in der Ukraine.
Dass Russland derzeit nicht viele Freunde in der Welt hat, ist bekannt. Wie wenige es ausweislich einer Abstimmung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) vom Mittwoch sind, hat dann aber auch erfahrene Diplomaten überrascht. 143 Staaten stimmten einer Resolution zu, die Russlands «versuchte illegale Annexion» von vier teilweise besetzten Regionen in der Ukraine verurteilt. 35 Länder enthielten sich, darunter China.
Neben Russland stimmten lediglich vier Staaten dagegen: Nicaragua, Nordkorea, Syrien und Weissrussland. Das sind Russlands verbliebene Freunde.

Eine derart grosse Einigkeit in Konfliktfragen ist selten am Hauptsitz der UNO in New York. Als die Generalversammlung im Jahr 2014 über eine Resolution abstimmte, die Russlands Annexion der Krim verurteilte, stimmten 100 Länder dafür, elf dagegen, 58 enthielten sich.
«Das ist grossartig»
Die UNO haben 193 Mitglieder. Einige Staaten geben aus verschiedenen Gründen in solchen Wahlen kein Votum ab. So fürchten manche ehemalige Sowjetrepubliken selbst bei einer Enthaltung den Zorn Moskaus und stimmen deshalb gar nicht ab.
Der ukrainische UNO-Botschafter Sergiy Kyslytsya stand nach der Abstimmung am späteren Mittwoch neben seiner US-Kollegin Linda Thomas-Greenfield. «Das ist grossartig», sagte er, bewegt von der grossen Unterstützung, die sein Land auf der Weltbühne erfährt. Thomas-Greenfield sagte, das Ergebnis zeige, dass Russland die Welt nicht einschüchtern könne.

In ihrer Rede vor der Versammlung hatte sie zuvor gesagt: «Heute ist es Russland, das in die Ukraine einmarschiert. Aber morgen könnte es eine andere Nation sein, deren Territorium verletzt wird. Sie könnten die Nächsten sein. Und was würden Sie dann von diesem Gremium erwarten?» Egal wie gross oder klein ein Land sei, seine Grenzen seien durch das internationale Völkerrecht geschützt.
Radikale Schuldumkehr
Die Resolution ist rechtlich nicht bindend, sie hat jedoch starken symbolischen Wert. Gegen einen ähnlichen Vorstoss im Sicherheitsrat hatte Russland im vergangenen Monat sein Veto eingelegt. Ein Beschluss des 15 Mitgliedsstaaten umfassenden Sicherheitsrates wäre völkerrechtlich bindend gewesen, Russland ist jedoch neben den USA, China, Grossbritannien und Frankreich eine von fünf Vetomächten.
Da Russland in diesem Fall der Aggressor ist, wird es auch künftig alle weiteren Bemühungen des Sicherheitsrates torpedieren, bindende Erklärungen abzugeben. Die Vollversammlung aller Nationen machte nun umso deutlicher, wie isoliert das Land derzeit dasteht.

Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja sagte den Delegierten vor der Abstimmung, diese sei «politisiert und offen provokativ». Seit Monaten betreibt Nebensja in New York eine radikale Schuldumkehr. Wieder und wieder erklärt er, die Ukraine trage die Schuld an dem Krieg, wobei er weder Krieg noch Ukraine sagt. Er spricht vom «Kiew-Regime» und von einer «speziellen militärischen Operation», die nötig sei, um russischsprachige Minderheiten zu schützen und das Land aus der Hand von Nazis zu befreien.
Dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski nicht nur russisch spricht, sondern auch jüdischen Glaubens ist, ficht ihn dabei nicht an. Die jetzt verabschiedete Resolution könne sämtliche Aussichten auf eine diplomatische Lösung der Krise zerstören, sagte Nebensja.

Dass China sich enthalten würde, war erwartet worden. Die Regierung in Peking unterstützt den Überfall auf die Ukraine zwar nicht offen, gilt aber weiterhin als strategische Partnerin Russlands. Der stellvertretende UNO-Botschafter Geng Shuang sagte, er betrachte die Resolution nicht als hilfreich. «Was immer die Vollversammlung tut, sollte der Deeskalation dienen», sagte er, «es sollte der Wiederaufnahme des Dialogs dienen und der Förderung einer politischen Lösung.»
Eine Zweidrittelmehrheit war den UNO-Statuten zufolge nötig, um die Resolution zu verabschieden. Mehr als drei Viertel der Staaten stimmten ihr zu. Was in diplomatischen Kreisen registriert wurde: Einer Resolution im Frühjahr, die den russischen Überfall auf die Ukraine verurteilte, hatten 141 Staaten zugestimmt. Schon das war eine erstaunliche Zahl. Nun haben 143 Staaten Position gegen Russland bezogen – ein Zeichen dafür, dass die Welt noch geschlossener gegen den russischen Angriffskrieg steht.

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