
Der schweizerische Arbeitsmarkt gilt als besonders offen und flexibel, der Arbeitsfrieden international als vorbildlich. Dennoch gibt es auch hier Streiks. Diesem Thema haben die Gewerkschafter Vania Alleva und Andreas Rieger das Buch «Streik im 21. Jahrhundert» gewidmet. Die einstige Journalistin Alleva ist Präsidentin der Gewerkschaft Unia – Rieger war zwischen 2007 und 2012 Co-Präsident derselben Gewerkschaft.
Wie die Autoren mit Verweis auf Daten zeigen, haben die Arbeitskämpfe in der Schweiz seit Mitte der 90er- Jahre deutlich zugenommen. Zwischen 1995 und 2016 kam es durchschnittlich zu 6 Streiks pro Jahr mit 1,8 Beteiligten pro 1000 Arbeitnehmer – das sind mehr als 25-mal mehr als noch in den 80er- Jahren. Gemäss Erhebungen der Gewerkschaft Unia haben sich in den Jahren von 2000 und 2016 insgesamt 140'277 Personen an Arbeitskämpfen beteiligt, an Streiks im engeren Sinn waren es 67'984 Personen.
Welche Bedeutung Streiks haben, macht die Co-Herausgeberin Vania Alleva gleich zu Beginn im Vorwort klar: «Wann werden ArbeiterInnen und Angestellte mit ihrer Gewerkschaft wirklich ernst genommen? Die Antwort ist überraschend einfach: Wenn sie streiken können.» Diese Überlegung findet sich im Buch wiederholt: Ohne die Drohung mit dem Streik haben die Arbeitnehmer gemäss den Autoren sehr viel weniger Verhandlungsmacht.
Viele Beispiele und Betroffene
Den grössten Teil des Buchs machen Berichte von konkreten Streiks und ihren Hintergründen in den Jahren 2000 bis 2015 aus. Darunter finden sich bekannte Beispiele wie der Arbeitskampf bei den Werkstätten von SBB Cargo in Bellinzona 2008 mit über 400 Streikenden, aber auch jener beim Detaillisten Spar im Jahr 2013 mit 21 Streikenden. Die Berichte werden jeweils mit einer Tabelle zu den wichtigsten Fakten wie Streikdauer, Beteiligte und Streikgrund eingeleitet. Ihre Stärke liegt aber darin, den Lesern die Schwierigkeiten der Streikorganisation und die Sorgen und Hoffnungen der Betroffenen zu vermitteln. Verfasst wurden diese Berichte von verschiedenen Autoren. So variiert auch die Qualität dieser Texte.
Einen weiteren Teil des Buchs machen Interviews aus, in denen Gewerkschafter sich selber befragen. Diese Form überzeugt nicht, denn besonders kritisch sind die Fragen erwartungsgemäss nicht. Ein krasses Beispiel gleich zu Beginn eines Interviews: «Ist es wichtig, dass eine Gewerkschaft in der Lage ist, Streiks zu führen?» Da die grosse Bedeutung der Streiks für die Gewerkschaften eine Hauptbotschaft des Buchs von der ersten Seite an ist, sind solche Fragen eher peinlich. Dennoch findet sich in den Antworten auf die Fragen Interessantes: etwa, wie man sich bei den Gewerkschaften die Renaissance der Streiks erklärt oder wie den Umstand, dass in der Schweiz doch weniger als im Ausland gestreikt wird.
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Die Wiedergeburt der Streiks
Die Arbeitskämpfe haben in der Schweiz seit den 90er-Jahren deutlich zugenommen. Das zeigt «Streik im 21 Jahrhundert».