
Entscheiden in kritischen Situationen, Projektleitung in komplexen Vorhaben, strukturierte Problemanalyse. Das kann Christian Lucek alles. Schreibt Christian Lucek – in einem bemerkenswerten Brief an ausgewählte Parteikollegen, die Stimmung für seine Nomination als Regierungsratskandidat machen sollen. Der Zürcher SVP-Kantonsrat ist ein Berufsmilitär und hat in seiner Führungsausbildung (in der Managementschule und nicht im Schützengraben, wie er auch selber schreibt) sicher das eine oder andere Strategie-Seminar besucht.
Gefruchtet scheint es nicht zu haben. Sein «Aide-Memoire» hat er frisch und froh per Mail verschickt. Per Mail! Er sah damit, trotz Ausbildung an der Managerschule, die «kritische Situation» nicht voraus, dass sein Fragenkatalog gegen Mitbewerberin Natalie Rickli vielleicht auch an eine grössere Öffentlichkeit gelangen könnte.

Das war Fehler Nummer 1 von Lucek. So etwas per Mail zu verschicken, ist sehr dumm. Fehler Nummer 2 ist leider ein systemischer. Als der «Tages-Anzeiger» den Kantonsrat auf sein Schreiben ansprach, da machte der Möchtegern-Regierungsrat keine Anstalten, sich zu entschuldigen. Dafür etwa, dass er Natalie Rickli als hübsches Dummchen darstellt, das nicht fähig ist, hart zu arbeiten («hübsches Wahlplakat ist das eine»). Dafür, dass er die Frage stellt, ob man wirklich vier Frauen in der Regierung brauche. Dafür, dass er seinen Parteikollegen anregte, sich am Nominationsabend nach der Familienplanung von Rickli zu erkundigen.
Entschuldigen? Wieso auch. Das seien alles Fragen aus der Basis, sagte Lucek und offenbarte damit das grössere Problem. Wer nach Gründen sucht, warum Frauen in vielen Bereichen unserer Gesellschaft immer noch benachteiligt werden; warum sie weniger verdienen und weniger in Chefetagen vertreten sind – Lucek liefert eine Antwort darauf.
Dumpfes Stammtischgeschwätz, verklausuliert vorgebracht von einem, der sich selber als «stillen Schaffer» bezeichnet.
In zu vielen Kreisen der Schweizer Politik (und auch sonstwo) existiert immer noch ein Geschlechterbild wie in den 1950er-Jahren. Frauen sind in diesem Weltbild geduldet, höchstens. Der Mann hat zu schaffen, die Frau zu dienen. Hübsch sollten sie sein. Blond wäre gut. Ernst nehmen die Männer diese Frauen nicht. Warum auch? Die macht doch eh bald Kinder und soll dann zu Hause schauen. Wäre ja noch schöner. Und ernsthaft: Vier Frauen in einer Regierung sind wirklich zu viel. So viel Hysterie an einem Ort, so viel prämenstrueller Stress. Wir brauchen männliche Sachlichkeit!
Dumpfes Stammtischgeschwätz, verklausuliert vorgebracht von einem, der sich selber als «stillen Schaffer» bezeichnet. Es ist zum Schämen. Wenigstens machte das Schreiben eines ziemlich klar: Dass so ein Mann in der Zürcher Kantonsregierung nichts zu suchen hat.

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Die zwei Fehler des Rickli-Gegners
«Aide-Memoire» nennt SVP-Mann Christian Lucek sein Geschütz gegen Natalie Rickli. Er demontiert sich damit gleich selber.