
Vor sechs Jahren hat das Stimmvolk dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) sein Vertrauen ausgesprochen. 65 Prozent sagten im September 2016 Ja zum neuen Nachrichtendienstgesetz. Seither dürfen die Schweizer Spione mit Zustimmung des Verwaltungsgerichts und mit der Einwilligung der Departementsvorsteherin Telefone abhören, Computer hacken und Räume verwanzen. Seitdem erwartet die Gesellschaft, dass der Nachrichtendienst herausfindet, wo jene sind, von denen eine schwerwiegende Gefahr ausgeht, und dass die Polizei – im entscheidenden Augenblick – die Richtigen aus dem Verkehr zieht.
Nun ist aber festzustellen, dass der Nachrichtendienst mit Gesetzesanpassungen immer weiter gehen will. Gemäss Gesetzesentwurf will er das Berufsgeheimnis von Anwälten, Ärztinnen, Pfarrern und Psychiaterinnen aushöhlen. Und gleichzeitig will er gegen einfache Hotelangestellte Bussen von bis zu 100’000 Franken aussprechen, wenn diese nicht mit den Spionen kooperieren. Mit solch drakonischen Bussen soll neu bestraft werden, wer dem NDB gegenüber Auskunft gab und sich anschliessend nicht an die befohlene Geheimhaltung hält.
Dieser Betrag ist jenseits von Gut und Böse, denn er ist zehnmal höher als Bussen, die Gerichte verhängen können, wenn man sich nicht an ihre Urteile hält. Ein Nachrichtendienstler ohne juristische Ausbildung könnte einer Hotelputzfrau mit 100’000 Franken Busse drohen, damit sie niemandem sagt, was sie mit dem Spion besprochen hat. Vom Sicherheitsaspekt aus gesehen, ergibt so etwas kaum Sinn. Und fraglich ist zudem, ob solche Bussen menschenrechtskonform sind.
Die Wirtschaftsfreiheit ist ein Grundrecht in der Schweiz. Zu ihr gehört die freie Berufswahl. Wer eine Stelle in einem Hotel antritt, muss nicht damit rechnen, vom Staat durch Androhung einer horrenden Busse plötzlich zur Geheimhaltung gezwungen zu werden. Der Nachrichtendienst des Bundes verfügt seit 2016 im Kampf gegen Terrorismus, die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen und gegen verbotenen Nachrichtendienst bereits über äusserst scharfe Messer. Sie sind nicht weiter zu wetzen.
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Kommentar zu 100’000-Franken-Busse – Diese Strafandrohung geht zu weit
Drakonische Bussen für Hotelangestellte? Der Nachrichtendienst des Bundes verfügt im Kampf gegen Terrorismus bereits über scharfe Messer. Sie sind nicht weiter zu wetzen.