Noch eine Leuchtfackel flog auf das Feld des Tourbillon. Noch eine. Und noch eine. Und irgendwann, kurz nach halb neun Uhr, war klar: Das Spiel der Grasshoppers beim FC Sion würde nicht zu Ende gespielt. Nach der Pause, beim Stand von 0:2 aus Zürcher Sicht, hatte eine ausser Rand und Band geratene Horde im GC-Fansektor das Diktat des Abends übernommen. Und sie gab es nicht mehr her. Alles andere als eine 0:3-Forfait-Niederlage der Hoppers würde nach diesem Spielabbruch überraschen.
Natürlich gibt es nun wieder jene, die fixe Lösungen für den Umgang mit gewalttätigen Matchbesuchern bereithaben. Sions Präsident Christian Constantin erklärte sogleich: «Einfach keine Auswärtsfans mehr zulassen.» Klingt gut. Auch wenn Problemfans solche Verbote umgehen würden, indem sie auf den Haupttribünen auftauchen. Nein, Gewalt in den Stadien dämmt man nicht mit einfachen Patentrezepten ein. Da braucht es schon mehr. Repression gegen jene, die sich etwas zuschulden kommen lassen. Aber auch Fanarbeit und Streitkultur.
Bildstrecke: Hässliche Szenen im Tourbillon
Insofern war es eine Bankrotterklärung, was Stephan Anliker kurz nach dem Abbruch sagte. Sichtlich erschüttert von seinem erfolglosen Gang in die Kurve, sprach der GC-Präsident davon, die Leute im GC-Sektor seien ihm vorgekommen «wie wilde Tiere». Jetzt brauche sein Club Hilfe. Und zwar «vom Staat, allein können wir dieses gesellschaftliche Problem nicht lösen». Bloss welche Hilfe sich Anliker wünschte, das konnte er auch nicht so genau sagen.
Und eigentlich macht sich sein Club auch ein wenig überflüssig, wenn er jetzt nach der ordnenden Hand des Staates ruft. Natürlich soll die Polizei Straftäter verfolgen. Das ist die repressive Schiene, die zu jedem erfolgreichen Umgang mit Fans dazugehört. Aber rühmen sich nicht Fussballclubs jeweils der sozialen Arbeit, die sie verrichten? Dazu gehört als Profiverein aber mehr als das Ausbilden des eigenen Nachwuchses. Zum Beispiel der Umgang mit dem unangenehmen Fakt, dass Fussballspiele der Schweiz gewaltbereite Jugendliche anziehen.
Wer bei GC soll sich denn dieser Wut entgegenstellen?
Insofern ist der hässliche Abend in Sitten auch ein weiteres Zeichen für den Zerfall von GC. Was im Tourbillon zu sehen war, war einerseits eine Bande dunkel gekleideter Männer, die sich gegen das eigene Team stellte und ihm so die Chance nahm, eine miserable erste Halbzeit vergessen zu machen.
Es war aber auch zu sehen, dass es niemanden gibt bei GC, der in einer solchen Situation mässigend eingreifen könnte. Wer besitzt denn die Glaubwürdigkeit, das Charisma oder den Stallgeruch, mit dem er sich dieser Wut entgegenstellen könnte? Nicht der Langenthaler Architekt Anliker, unter dem GC dem Abstieg entgegentaumelt.
Nicht der CEO Manuel Huber, der in den Ferien weilte, als GC in die Krise schlitterte. Und die Spieler? Der Sittener Pajtim Kasami urteilte etwas sehr hart, als er meinte: «Die GC-Spieler hätten früher in die Kurve gehen müssen. Aber die haben keine Persönlichkeit, die hatten alle Schiss.» Aber ganz unrecht hat er eben auch nicht. Dieses Team hat keine Identifikationsfiguren.
So wirken die Grasshoppers immer mehr wie ihr Stadtrivale im Frühjahr 2016: Trainer, deren Taktik nicht zum Abstiegskampf taugt, Fans, die randalieren. Ein Präsident, der ohnmächtig wirkt. Bloss nutzte der FC Zürich die Saison nach dem Abstieg als Verjüngungskur. Auf GC aber würden im Fall des Abstiegs eher dunkle Zeiten warten.
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Dieser Spielabbruch ist auch ein Zeichen des GC-Zerfalls
In Sitten fliegen aus dem Zürcher Sektor Fackeln aufs Feld, und GC-Präsident Stephan Anliker ruft nach staatlicher Hilfe.