«Dieses Monster darf niemals freikommen»
Dass der Täter im Fall Lucie nicht die lebenslange Verwahrung erhalten hat, provoziert Ratlosigkeit bis Verärgerung. Andere Kommentatoren glauben, dass das Urteil sinnvoll war.
Der Täter im Fall Lucie erhält eine lebenslängliche Gefängnisstrafe doch keine lebenslängliche Verwahrung. Nach 15 Jahren im Strafvollzug könnte er also bei einer günstigen Prognose schon wieder in Freiheit sein, eine so frühe Entlassung ist allerdings wenig wahrscheinlich.
Dass sich das Gericht mit seinem Urteil nur für die zweithöchste Massnahme entschieden hat, empörte viele: «Das Urteil ist viel zu mild», schreibt beispielsweise ein Redaktion Tamedia-Leser. «Egal, ob er ein Psycho ist oder nicht, für den bestialischen Mord gehört er lebenslang weggesperrt.»
So sieht das auch die Westschweizer Zeitung «Le Matin»: «Dieses Monster darf niemals freikommen», heisst es im Editorial. Die Justiz habe die Chance verpasst, ein Exempel zu statuieren. Die Aussicht, dass der Täter eines Tages freikommt, mache den schrecklichen Tod Lucies noch schwerer erträglich.
«Richter haben kühlen Kopf bewahrt»
Das Urteil hinterlässt auch Ratlosigkeit: «Wer, wenn nicht Daniel H. soll lebenslang verwahrt werden?», fragen sich sowohl «Aargauer Zeitung» wie auch die Printausgabe des «Tages-Anzeigers». Beide stören sich daran, dass nicht klar ist, wie man «dauerhaft nicht therapierbar» interpretieren soll. Es wäre deshalb wünschenswert, dass die Aargauer Staatsanwaltschaft den Fall weiterzöge, schreibt der «Tages-Anzeiger». Das Bundesgericht müsse irgendwann Klarheit schaffen.
Die Richter hätten angesichts der hitzigen Debatte einen kühlen Kopf bewahrt, analysiert hingegen Jean-Pierre Restellini, Präsident der Schweizer Anti-Folter-Kommission in der «Tribune de Genève». Die Gesellschaft müsse, um sich selbst zu schützen, geistig Kranke behandeln, statt sie zu bestrafen.
«Der Keim des Totalitären»
Die Neue Zürcher Zeitung stellt das Urteil in einen grösseren rechtstheoretischen Kontext. Das Gericht habe dadurch, dass es dem Täter zumindest theoretisch Entwicklungsfähigkeit zubilligt, eine Leitlinie der Strafjustiz nicht verlassen, kommentiert die Zeitung. So verständlich die Idee einer lebenslangen, nicht überprüfbaren Verwahrung sei, sie trage letztlich den Keim des Totalitären in sich – so wie jeder Versuch, die Sicherheit über alles andere zu stellen.
Der Rechtsstaat schöpfe aus dieser moralischen Überlegenheit erst seine Kraft und Autorität, schreibt die NZZ. Der Verzicht auf unwiderrufliche Lösungen im Strafrecht erfolgt so nicht zuerst aus Rücksicht auf den Täter, sondern aus Achtung vor unseren Überzeugungen und uns selbst.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch