Digitalisierung gefährdet Jobs für höher Qualifizierte
Roboter sind bisher viel zu teuer, um Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich zu ersetzen. Die Automatisierung wird zunächst andere Berufstätige treffen.

Manchmal sieht die Welt bereits aus wie in ScienceFiction-Filmen. In Gebirgsregionen liefert die Post schon jetzt Pakete per Drohne. U-Bahnen laufen auf einigen Linien fahrerlos. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Lastwagen und Taxis fahrerlos durch die Strassen rauschen, Putzmaschinen die Wohnung säubern oder Kühe von Robotern gemolken werden. Ach ja: Die Nasa arbeitet derzeit an einer mehrspurigen computergesteuerten Himmelsautobahn für Flugautos.
Einerseits sind das alles faszinierende Entwicklungen. Doch andererseits geben sie vielen Menschen Grund zur Sorge. Wohin mit den Millionen Taxifahrern, die ihre Jobs verlieren, wenn fahrerlose Taxis Passagiere weitaus günstiger transportieren können? Was wird aus den Lkw-Fahrern dieser Welt? Was aus Postboten und Putzkräften? Die Digitalisierung trifft Arbeitskräfte aus dem Niedriglohnbereich hart. Denn gerade Aufgaben, die wenig Fachwissen oder Kreativität beanspruchen, sondern klaren Regeln folgen und sich stark wiederholen, können in absehbarer Zukunft von Computern und Robotern übernommen werden.
Es bleiben Jobs im Niedriglohnbereich
In der Industrie sind das Arbeiten am Fliessband, im Callcenter die Aufnahme von Adressdaten, im häuslichen Bereich Reinigungstätigkeiten. Irgendwann wird es auch den Transportbereich treffen. Und doch werden im Niedriglohnbereich auch viele Jobs erhalten bleiben: Service- und Dienstleistungspersonal wird in zahlreichen Sparten weiterhin gefragt sein.
Tatsächlich ist die Lage im mittleren Qualifikationsbereich weitaus kritischer. Gerade im Facharbeiterbereich, etwa bei den klassischen Fertigungstätigkeiten, werden viele Jobs verloren gehen, weil Computer die Tätigkeiten übernehmen können. Gleiches gilt für viele Sekretariatsaufgaben. Die Arbeitsmarktforscherin Heike Solga sieht in naher Zukunft deshalb weniger den Niedriglohnsektor als den Mittelbau bedroht.
«Derzeit betrifft der Jobverlust durch die Digitalisierung vor allem den Logistik- oder Maschinenbaubereich, wo wir eine stärkere Automatisierung beobachten», erklärt Solga. «Bis unbemannte Lastwagen über die Autobahn fahren, dauert das noch eine Weile. Ausserdem muss sich das für die Arbeitgeber erst mal rentieren. Im Niedriglohnbereich sind die Löhne derzeit so niedrig, dass die Systemkosten die Personalkosten noch übersteigen.»
Lebenslange Bildung wird zum besten Schutz
Einer Studie der Universität Oxford zufolge werden in den USA bis 2030 etwa 47 Prozent aller Arbeitsplätze der Automatisierung von Prozessen zum Opfer fallen, insbesondere in den Bereichen Finanzen, Verwaltung, Logistik, Spedition und Produktion. Hierzulande arbeiten 42 Prozent der Berufstätigen in Jobs mit hoher Automatisierungswahrscheinlichkeit, 18 Millionen Jobs sind gefährdet. Viele Forscher befürchten, dass sich die soziale Schere in den kommenden Jahrzehnten wegen der Automatisierung weiter öffnen und die Ungleichheit der Einkommen zusätzlich verschärfen wird.
Der internationale Thinktank «Millennium Project» prognostiziert in seiner Studie «2050: Die Zukunft der Arbeit» in den kommenden 30 Jahren sogar den Übergang in ein gänzlich neues System des Arbeitens und Wirtschaftens, in dem auch die Sozialsysteme anders aussehen müssen und vielleicht sogar das Prinzip der Lohnarbeit überholt ist. Auf lange Sicht ist die Gefahr gross, dass gerade diejenigen Arbeitnehmer, die aufgrund von Bildungsarmut, Migration oder biografischen Brüchen keine oder nur geringe Qualifikationen aufweisen können, Schwierigkeiten haben werden, am Berufsleben teilzunehmen.
Was also tun, damit in 20 Jahren nicht Millionen Menschen in Europa auf der Strasse sitzen? Forscher des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) fordern in einer neuen Studie über den Zusammenhang von Bildung und Digitalisierung, dass vor allem die Bildungsarmut energischer bekämpft werden solle. Defizite beim sinnerfassenden Lesen, Schreiben und Rechnen müssten dringlicher behoben werden, so Wifo-Chef Christoph Badelt. Denn umso mehr Bildung ein Arbeitnehmer vorweisen könne, umso besser sei er für die Digitalisierung gewappnet.
Auch plädieren viele Experten wie der Technikphilosoph Klaus Mainzer von der Technischen Universität München dafür, dass der Bildungsmarkt künftig so eng wie möglich mit dem Arbeitsmarkt verzahnt werde. Wegen der laufenden technischen Erneuerungen werde das ständige Lernen ein integraler Bestandteil des neuen Berufslebens und die Fähigkeit, sich immer wieder in neue Herausforderungen einzuarbeiten, eine absolute Basiskompetenz.
Die beste Art, dem digitalen Wandel mit seinen Risiken und Chancen zu begegnen, scheint also die lebenslange Bildung zu sein. Letztlich werden vielleicht aber auch die grössten Talente irgendwann ersetzbar sein: Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz prognostiziert, dass bei der Weltmeisterschaft 2050 eine Roboter-Fussballmannschaft den menschlichen Fussballweltmeister besiegen wird.
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