Diplomat in der Schweiz wegen Kriegsverbrechen angezeigt
Knapp zwei Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges in Sri Lanka wurde gegen einen in der Schweiz akkreditierten Diplomaten Strafanzeige eingereicht. Er soll für schwere Kriegsverbrechen verantwortlich sein.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und TRIAL, die Schweizerische Gesellschaft für Völkerstrafrecht, haben am Donnerstag bei der Bundesanwaltschaft (BA) Strafanzeige gegen Dias gestellt. Die BA bestätigte den Eingang. Die Anzeige werde geprüft, sagte BA-Sprecherin Jeannette Balmer.
Dias ist Vize-Botschafter von Sri Lanka in Deutschland und seit dem 28. Januar 2010 auch in der Schweiz in dieser Funktion akkreditiert. Die srilankische Botschaft in Berlin ist weiter für den Vatikan zuständig.
Bombardierung von zivilen Schutzzonen
Dias habe während der Schlussphase des Bürgerkrieges auf Sri Lanka Ende 2008 und Anfang 2009 als Generalmajor die 57. Division der Armee befehligt, schreiben die GfbV und Trial.
Diese sei für die Bombardierung von Zivilisten und Spitälern auch in von der Regierung ausgewiesenen Schutzzonen für Zivilisten verantwortlich, sagte GfbV-Geschäftsleiter Christoph Wiedmer. Die Division habe auch humanitäre Helfer und UNO-Mitarbeiter sowie religiöse Stätten beschossen.
Immunität aufheben
Dias geniesst als Diplomat Immunität. Die Menschenrechtler fordern deshalb, dass die Schweiz den ehemaligen Offizier zur «unerwünschten Person» erklärt. Damit verlöre Dias seine Immunität und könnte strafrechtlich verfolgt werden. Die gleiche Forderung erhebt ein im Juni im Parlament in Bern eingereichter Vorstoss.
Das Aussendepartement EDA erklärte, die Angelegenheit habe «grosse Bedeutung». Es hätten bereits Kontakte mit Sri Lanka stattgefunden. Mit Verweis auf die «Vertraulichkeit» in diplomatischen Fragen wollte sich das EDA zu den «getroffenen Massnahmen» nicht äussern.
Dias bald wieder zu Hause?
Dias' Chef, der srilankische Botschafter in Berlin, Tikiri Bandara Maduwegedera, sagte in der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SF vom Mittwochabend, Dias sei für eine gewisse Periode akkreditiert und werde diese auch beenden. Es gebe weder Anträge der deutschen noch der Schweizer Regierung für eine Abberufung.
Unklar war, wie lange Dias noch in Berlin tätig sein wird, wie Wiedmer von der GfVB sagte. In Deutschland sei er bereits seit September 2009. «Wir gehen davon aus, dass er im Rahmen einer ordentlichen Ablösung im September Deutschland verlässt», sagte er der Nachrichtenagentur sda.
Prozess unwahrscheinlich
Dass Dias sich wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen vor einem Gericht verantworten muss, scheint unwahrscheinlich. Colombo beharrt darauf, nur die tamilischen Befreiungstiger (LTTE) hätten Kriegsverbrechen verübt. Die Vereinten Nationen werfen beiden Seiten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor.
Der jahrzehntelange Bürgerkrieg endete am 29. Mai mit der Vernichtung der Rebellen. Gemäss UNO-Angaben starben allein in der Endphase 40'000 Zivilisten.
Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) in Berlin hat über Dias ein über 20-seitiges Dokument ins Internet gestellt. Es sammelte Zeugenaussagen und verglich diese mit Verlautbarungen der Armee über den Kriegsverlauf.
Die ECCHR wirft unter anderem Dias' 57. Division vor, Zivilisten zunächst in von der Armee ausgewiesene «Non-fire-zones» gelockt und diese dann unter Beschuss genommen zu haben. Es gebe auch Hinweise, dass Dias in die Folterung und Erschiessung von Rebellen nach deren Gefangennahme verwickelt war.
SDA/wid
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