Trotz schwerer VorwürfeDirektorin von Basler Ballettschule darf wieder unterrichten
Die Ballettschule Theater Basel wird beschuldigt, mit Mobbing-Methoden zu arbeiten und Schülerinnen zu schaden. Eine externe Untersuchung bestätigt die Vorwürfe teilweise.

Demütigungen, Ermüdungsbrüche, Essstörungen oder anzügliches Verhalten gewisser Lehrer gegenüber den Ballettschülerinnen: Wie die «NZZ am Sonntag» und «Bajour» letzten Herbst berichteten, hätten an der Ballettschule des Theaters Basel (BTB) in einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren «schwerwiegende Missstände» geherrscht.
Die Vorwürfe blieben nicht ohne Folgen. Die Schuldirektorin der BTB wurde freigestellt, die Schliessung der Profiabteilung per Ende dieses Schuljahres beschlossen und eine unabhängige Untersuchung in Auftrag gegeben.
Am Freitag hat die BTB die Ergebnisse des Gutachtens veröffentlicht. «Zusammenfassend lässt sich sagen, dass einige Vorwürfe, die erhoben wurden, sich nicht bestätigt haben; andere haben sich jedoch bestätigt», schreibt die Ballettschule in einem Communiqué.
Direktorin unterrichtet wieder
Nach dieser Untersuchung hat sich der Vorstand dazu entschieden, die Freistellung der Ballettdirektorin aufzuheben. Die Direktorin soll bis zur bereits beschlossenen Schulschliessung wieder unter Auflagen unterrichten dürfen.
Zu den disziplinarischen Massnahmen gehört unter anderem ein Coaching der Direktorin. Weiter muss eine Einwilligung der Eltern und Lernenden für die Unterrichtstätigkeit vorliegen. Der Unterricht findet nur im Beisein einer zweiten erwachsenen Person statt.
Der Vorstand zeigt sich überzeugt, damit für die verbleibende Zeit der Schule bis zu ihrer Schliessung eine passende Lösung gefunden zu haben. «Die Zukunft der aktuellen Schülerinnen und Schüler ist unsere erste Priorität», wird der Vorstand im Communiqué zitiert. Es sei ihm ein Anliegen, «den Schülern und Schülerinnen die bestmögliche Unterstützung für ihren Abschluss beziehungsweise für eine Anschlusslösung an einer anderen Schule zu geben.»
«Klima der Angst»
Was die einzelnen Anschuldigungen angeht, habe die Untersuchung gezeigt, dass die Direktorin der BTB die Fürsorgepflicht nicht genügend gewahrt habe. «Konkret heisst das, dass in der Ausbildung von Tänzerinnen im professionellen Ausbildungsbereich ein Teil der befragten weiblichen Lernenden Herabsetzungen ausgesetzt war.» Zudem hält der Untersuchungsbericht fest, dass auf die Lernenden bezüglich Gewichtsreduktion Druck ausgeübt wurde. Schliesslich habe die Direktorin mit ihrem Verhalten einen Teil der Lernenden eingeschüchtert und «ein Klima der Angst» erzeugt.
Einige Anschuldigungen würden im Bericht indes nicht bestätigt. So etwa der Vorwurf der Belästigung. Diese Anschuldigung sei «nicht zutreffend, da diesbezügliche Vorwürfe sich auf eine Jahre zurückliegende Vergangenheit und seit langem nicht mehr an der BTB tätige Lehrpersonen beziehen».
Ebenso wenig habe sich durch der Vorwurf einer ungenügenden Vorsicht beziehungsweise eines inadäquaten Umgangs mit physischen Beschwerden von Auszubildenden erhärtet. Das Gutachten habe auch nicht bestätigt, dass es eine Diskriminierungsproblematik bei Rollenzuteilungen, Filmaufnahmen oder Bühnenauftritten gegeben habe.
30 befragte Schülerinnen
Die Untersuchung wurde von BeTrieb, einer in dieser Thematik spezialisierten externen Firma, durchgeführt. Insgesamt hätten 30 Schülerinnen, 24 ehemalige und sechs aktuelle weibliche Lernende Auskunft gegeben. Der Untersuchungszeitraum erstrecke sich auf die vergangenen zehn Jahre.
«Mit diesem Untersuchungsergebnis umzugehen, ist keine leichte Aufgabe», wird Adrienne Develey, Co-Präsidentin des BTB-Vorstands, im Communiqué zitiert. Man nehme einerseits zur Kenntnis, dass sich nicht alle Vorwürfe bestätigt hätten.
«Wir sind traurig und bedauern zutiefst, dass einige Schülerinnen während ihrer Zeit bei der BTB gelitten haben.»
«Andererseits sind wir traurig und bedauern zutiefst, dass einige Schülerinnen während ihrer Zeit bei der BTB gelitten haben. Der Vorstand bittet aufrichtig um Entschuldigung bei diesen Frauen.» Sie stehe den Betroffenen für persönliche Gespräche zur Verfügung, so Develey. «Vielleicht kann das ein Beitrag sein, das Erlebte besser zu verarbeiten.»
Direktorin gelobt Besserung
Auch die Direktorin kommt im Communiqué zu Wort. «Mir war nicht bewusst, dass ich mich abwertend verhalten oder unerwünschten Druck auf irgendjemanden ausgeübt hatte. Wenn jemand unter meinen Handlungen oder meiner Rede gelitten hat, entschuldige ich mich aufrichtig.»
Die Stimmen der jungen Frauen in diesem Bericht seien gehört worden. Sie hätten «erkennen lassen, wie zerbrechlich einzelne Schülerinnen sein können, die professionelle Tänzerinnen werden wollen». In ihrer zukünftigen Arbeit als Ballettlehrerin werde sie «bewusst einen respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Schülern aller Geschlechter pflegen», gelobt die Direktorin.
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