Doch kein Musterknabe
Die US-Grossbank JP Morgan Chase hat innerhalb weniger Wochen zwei Milliarden Dollar verspekuliert. CEO Jamie Dimon spricht von «Schlampereien» und «ungeheurlichen Fehlern».

Nach den Grossbanken UBS und Société Générale wird auch JPMorgan Chase von einem Handelsskandal erschüttert: Das bislang als Musterknabe unter den amerikanischen Geldhäusern geltende Institut verspekulierte bei hochriskanten Wetten 2 Milliarden Dollar.
Der für seine Kritik an den staatlichen Regulierungsplänen bekannte JPMorgan-Chef Jamie Dimon gab sich in einer persönlichen Erklärung ungewohnt schmallippig. Das Desaster sei durch «ungeheuerliche Fehler» selbstverschuldet, räumte er am Donnerstagabend in einer eilends anberaumten Telefonkonferenz ein.
Er sprach von «ungeheuerlichen Fehlern», Schlampereien und falschen Entscheidungen bei der grössten US-Bank. Derzeit werde untersucht, wie es genau dazu kommen konnte. Die Prinzipien seines Hauses seien verletzt worden. «Das ist nicht die Art, wie wir unser Geschäft betreiben wollen», erklärte Dimon.
Konkret habe es im synthetischen Kreditportfolio im Bereich Chief Investments seit Ende März «signifikante Buchverluste» gegeben. Pikanterweise häuften sich die Verluste ausgerechnet in Absicherungsgeschäften an, die eigentlich dazu dienen sollen, Einbussen im Handel zu begrenzen.
«Londoner Wal»
Dimon sagte, dass der Verlust in Zusammenhang mit Derivatgeschäften aufgetreten sei, über die das «Wall Street Journal» im April berichtet hatte. Demnach soll ein Londoner Händler mit dem Spitznamen «der Londoner Wal» eine ungewöhnlich grosse Handelsposition angehäuft haben, gegen die Hedgefonds Wetten abgeschlossen haben.
Wenn auch anders gelagert, weckt der Fall Erinnerungen an spektakuläre Handelsskandale der vergangenen Jahre, etwa bei der UBS oder der französischen Société Générale. Im Fall der UBS wird einem einzelnen Händler vorgeworfen, ebenfalls in London mit unerlaubten Geschäften einen Verlust von rund 2,3 Milliarden Dollar verursacht zu haben.
Der Skandal bei JPMorgan erschüttert deren Ruf als sichere Risikomanagerin, kam sie doch als eines der wenigen Institute ohne Verluste durch die globale Finanzkrise. Der Konzernchef befürchtet, dass das Desaster noch für eine Weile Spuren in der Bilanz hinterlassen wird. Denn die Finanzwetten laufen weiter.
Dimon lehnte es aber mehrfach ab, die Details der Geschäfte offenzulegen. Im laufenden Quartal werde die betroffene Sparte Corporate und Private Equity wohl einen Verlust von 800 Millionen Dollar ausweisen statt des angepeilten Gewinns von rund 200 Millionen Dollar. Andere Geschäfte hätten das Minus etwas begrenzt.
Erbitterter Gegner schärferer Regulierung
Die Fehler seien aber umso peinlicher, da sich das Management stets gegen eine strengere Regulierung der Banken im Rahmen der sogenannten Volcker-Regel ausgesprochen habe, räumte Dimon ein. «Das lässt uns ziemlich dumm aussehen.» Diese nach dem ehemaligen US- Notenbankchef Paul Volcker benannte Regel verbietet Banken künftig den Handel auf eigene Rechnung.
Für Bankenkritiker wie den demokratischen US-Senator Carl Levin war der Milliardenverlust eine Steilvorlage: Dies sei eine «starke Erinnerung» daran, dass eine strenge Bankenregulierung nötig sei. Es müsse sichergestellt werden, dass der Steuerzahler nicht mehr «für derart risikoreiche Wetten geradestehen muss», forderte Levin.
Aktienkurse fallen
Derartige Fehlschläge sind die Börsianer von JPMorgan Chase nicht gewohnt. Die New Yorker Bank ist das bestverdienende Kreditinstitut der Vereinigten Staaten. Im ersten Quartal lag der Reingewinn bei 5,4 Milliarden Dollar.
Die Anleger reagierten denn auch geschockt. Die JPMorgan-Aktie eröffnete am Freitag gut 9 Prozent im Minus und zog auch andere Bankentitel mit in den Keller. Die Anteilsscheine von Citigroup tendierten gut fast 5 Prozent schwächer, Bank of America gaben gut 3 Prozent nach.
Auch die Schweizer Grossbanken verbuchten Verluste. Die Aktien der Credit Suisse notierten am Nachmittag 1,3 Prozent schwächer, die UBS-Titel ermässigten sich um 0,8 Prozent.
dapd/AFP/fko
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