Allzuviel ist Donald Trump und den Kongressrepublikanern trotz ihrer Mehrheiten auf dem Kapitolshügel bisher nicht gelungen. Diese Woche scheiterte einmal mehr ihr Versuch, Obamacare zu erledigen, auch anderweitig halten sich die legislativen republikanischen Erfolge in Grenzen. Nun soll es also eine grosse Steuerreform richten, vom Präsidenten am Mittwoch wie gewohnt grosspurig als ein historisches Unterfangen vorgestellt.
Von Trump unterzeichnete Steuerkürzungen bedeuteten «den Unterschied zwischen einer erfolgreichen Partei und einer gescheiterten», erklärte Lindsey Graham, republikanischer Senator aus South Carolina. Mindestens 1,5 Billionen Dollar würden die Steuersenkungen den Fiskus kosten, Hauptbegünstigte wären neben Unternehmen vornehmlich reiche Amerikaner, deren steuerliche Belastungen teils erheblich sänken.
Hauptprofiteuere wären Reiche
Dass der Präsident treuherzig verkündet, er selbst würde nicht von den Steuerkürzungen profitieren, ist lachhaft: Gerade die Steuerlast von Unternehmen wie der Trump Organization fiele erheblich kleiner aus, zumal nun auch die Erbschaftssteuer endgültig fallen soll. Die US-Mittelklasse würde dem republikanischen Plan zufolge gleichfalls Steuern sparen, Hauptprofiteure aber wären vor allem Reiche und Rentiers.
Das diesjährige Haushaltsdefizit mag sich auf 700 Milliarden Dollar beziffern, die amerikanische Gesamtschuld auf rund 20 Billionen, Trump und seine Parteifreunde aber kümmert es nicht. Verklungen sind die vielen republikanischen Kassandras, die Barack Obamas «Deficit Spending» im Anschluss an den finanziellen Crash von 2008 als Untergang US-Amerikas bejammerten, still geworden die Tea-Party-Propheten, denen die Etatdefizite angeblich den Schlaf raubten.
In Kansas geriet das Experiment zum Fiasko
Denn wie immer bei republikanischen Steuersenkungen für die eigene Klientel bei Hedgefonds und in Vorstandsetagen, in Villenvierteln und Country Clubs sollen die Steuernachlässe ein robustes, ja sensationelles Wachstum auslösen, wodurch anfallende Defizite mehr als ausgeglichen werden. Das behauptete 1986 bereits Ronald Reagan zur Begründung seiner Steuersenkugen, so behauptete es auch George W. Bush, der die von Bill Clinton angesammelten Haushaltsüberschüsse durch enorme Steuersenkungen vor allem für Begüterte pulverisierte.
Geklappt hat es noch nie, und wenn Trump nun verkündet, seine Steuerkürzungen würden das US-Wachstum auf sechs Prozent hochtreiben, verbreitet auch dieser republikanische Präsident eine bislang nie erfüllte Hoffnung. Kein namhafter US-Ökonom hält diese Zahl für realistisch. Nachdem die republikanische Staatsregierung im Präriestaat Kansas den republikanischen Ur-Text befolgt und die Steuern 2012 radikal gesenkt hatte, geriet das Experiment zu einem Fiasko, das den Staat an den Rand der Insolvenz trieb.
Staatsausgaben bremsen
Andererseits steht im republikanischen Katechismus, dass Steuererhöhungen – vor allem auf Hochverdiener und Unternehmen – unweigerlich zum wirtschaftlichen Absturz führen. Als Bill Clinton 1993 die Steuern erhöhte, prophezeiten sämtliche führenden Republikaner eine Katastrophe. Sie blieb aus, Clintons zweite Amtszeit geriet sogar zu einem Boom: Die Haushaltsdefizite verwandelten sich dank höherer Staatseinahmen in Überschüsse, die Zahl neuer Jobs schoss in die Höhe.
Das Rezept der Republikaner – niedrigere Steuern bedeuten höheres Wachstum und dadurch vermehrte Staatseinkünfte – mag Hokuspokus sein, explodierende Fehlbeträge im Anschluss an Steuersenkungen aber sind durchaus nicht unerwünscht: Sie sind «strategische Defizite», die Staatsausgaben bremsen und soziale Programme beschneiden sollen.
Kein Geld mehr für Schulen oder die Umwelt
Kurz nach Reagans Amtsantritt liess sein Budgetdirektor David Stockman 1981 in einem Gespräch mit dem demokratischen Senator Daniel Patrick Moynihan die Katze aus dem Sack: Das Anhäufen von Defiziten schaffe «ein Argument, um Programme zurückzuschneiden, die nicht erwünscht sind, und dazu ein Argument zur Verhinderung von Programmen, die du nicht willst». Mit anderen Worten: Steuern runter, Defizite rauf – und schon fehlen die Mittel für Anliegen der Demokraten wie etwa mehr Gelder für Schulen oder Umwelt.
Wer trotzdem danach giert, muss sich den traditionellen republikanischen Vorwurf gefallen lassen, leichtsinnig und egoistisch auf Kosten nachfolgender Generationen zu wirtschaften. Die Aussicht auf eine neuerliche Explosion amerikanischer Staatsschulden im Gefolge der jetzt angepeilten Steuersenkungen stört die Republikaner also nicht im geringsten. Geht das Experiment neuerlich schief, weil sich das versprochene Mega-Wachstum partout nicht einstellen möchte, werden sie wieder laut nach einer radikalen Begrenzung der Staatsausgaben schreien. Vor allem, wenn im Weissen Haus ein demokratischer Präsident sitzt.
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Donald Trumps grosser Steuerschwindel
Die Steuersenkungen des Präsidenten dienen einem bestimmten Ziel: Neue Defizite sollen soziale Ausgaben im Zaum halten.