Doping-Festspiele in Disneyland
An der WM der Gewichtheber wuchten einige Athleten fast das Dreifache ihres Körpergewichts in die Höhe. Das Treiben ist derart absurd, dass dem Sport schon bald der Olympia-Ausschluss drohen könnte.
Verglichen mit den Gewichthebern sind selbst die Radprofis Waisenknaben in Sachen Doping. Seit 2003 schafften es 382 Kraftmeier und -meierinnen aus 88 Ländern auf die Sperrliste des Weltverbandes IWF – und dieser steht nicht gerade im Ruf, die Einnahme unerlaubter Mittelchen besonders engagiert zu verfolgen. Lange Zeit konnten sich Länder, die gegen die Richtlinien bei Dopingtests verstossen hatten, durch die Zahlung von 5000 Dollar sogar wieder reinwaschen. Diese Praxis bröckelte erst auf die WM 2011 hin und wohl nur auf Druck des Internationalen Olympischen Komitees, dem die Argumente ausgehen, einen unpopulären und dopingverseuchten Sport im Programm zu halten.
Der oberste Gewichtheber ist seit 1975 im Amt
Der starke Mann im Weltverband heisst Tamas Ajan. Dem 72-jährigen Ungarn, der seit 1975 der oberste Gewichtheber ist, sagt die «Frankfurter Rundschau» spöttisch nach, er führe seinen Verband so demokratisch wie Erich Honecker einst die DDR. Ajan lässt die Dopingtests nicht von der Welt-Antidoping-Agentur Wada vornehmen, sondern von der nationalen Vertretung seines Heimatlands. Wie die Kontrollen abzulaufen haben, legt die IWF in Eigenregie fest. Dass die Titelkämpfe der starken Frauen und Männer im Pariser Disneyland stattfinden, wo auch sonst einige Absonderlichkeiten zu betrachten sind, darf man als unfreiwilligen Akt der Komik werten.
Ein 82-Jähriger soll vermitteln
Die grösste Opposition erwächst IWF-Chef Ajan aus Deutschland. Die dortigen Gewichtheber haben es satt, gegen systematisch tricksende Konkurrenten anzutreten, und fordern, dass sich in Zukunft die Wada um die Dopingbelange kümmern darf. «Im Gewichtheben wird flächendeckend gedopt», monierte Christian Baumgartner, ein Allgäuer Veterinär, der im deutschen Verband als Antidoping-Beauftragter tätig ist. Ajan reagierte darauf mit der Ernennung eines Vermittlers. Dieser trägt den Namen Walter Tröger, ist 82 Jahre alt und war Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees der BRD, als dessen Präsident Willi Daume von weit verzweigtem Dopingmissbrauch im Land wusste und diesen tolerierte.
2011 erst eine Trainingskontrolle in Russland
Während sich im Radsport die Stars besonders häufig Trainingskontrollen stellen müssen, scheinen die schlappen Jäger von Gewichtheber-Präsident Ajan gerade um die Besten einen Bogen zu machen. In Russland gab es in diesem Jahr erst eine einzige Trainingskontrolle, obwohl der führende Verband an den Europameisterschaften neun von 15 möglichen Goldmedaillen abräumen konnte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Gemäss der «Frankfurter Rundschau» gehen Fachleute davon aus, dass es zehn Jahre intensiven Trainings braucht, um im Gewichtheben ohne illegale Wundermittel in die Weltspitze zu gelangen. Diese Prämisse lässt etwa den Triumph der 18-jährigen Chinesin Tian Yuan sehr merkwürdig erscheinen. Sie konnte in der Klasse bis 48 Kilo trotz ihres zarten Alters mindestens zehn Kilo mehr stossen als ihre Rivalinnen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch