Dorfgeflüster Wahlpodium des Gemeindevereins Zumikon. Von Michel Wenzler
Zumiker Bohrinseln und Schiffskapitäne
Haben die Zumiker überhaupt eine Wahl? Für den Gemeinderat, die Rechnungsprüfungskommission, die Sozialbehörde und die reformierte Kirchenpflege kandidieren nicht mehr Leute, als Sitze zur Verfügung stehen. Und auch bei der Schulpflege gibt es nur eine überzählige Person. So wundert es nicht, dass sich zum Wahlpodium vom Mittwoch lediglich 80 Personen im Kirchgemeindesaal einfanden. Zieht man davon die knapp 35 Kandidaten, deren Verwandte, Freunde, Parteikollegen sowie die zurücktretenden Behördenmitglieder ab, blieben ausser Moderater Thomas Winistörfer vom Gewerbeverein nicht viel mehr als zwei, drei Medienschaffende übrig.
Die flaue Ausgangslage hinderte Winistörfer aber nicht daran, einige kritische Fragen zu stellen. Wieso es in einem reichen Dorf wie Zumikon überhaupt eine Sozialbehörde brauche, provozierte er die Anwärter auf das Amt. Die Behörde sei hier etwa so überflüssig wie ein Parkplatz auf einer Bohrinsel.
Das Amt des Gemeindepräsidenten zog er dagegen nicht in Zweifel. So erkundigte er sich beim Dorfoberhaupt Hermann Zangger (SVP), ob der Kapitän denn mit dem Kurs zufrieden sei, den das Gemeindeschiff eingeschlagen habe. «Nicht überwältigend, um ehrlich zu sein», antwortete dieser und kam unter anderem auf die derzeit gereizte politische Stimmung im Dorf zu sprechen. Als plötzlich ein Gong ertönte, war dies allerdings nicht als Warnsignal zu verstehen, dass die MS Zumikon auf einen Eisberg (oder eine Bohrinsel) zufuhr - der Gemeindepräsident hatte lediglich seine Redezeit überschritten.
Der Vergleich mit der Seefahrt eignet sich ohnehin recht gut für die Zumiker Politik - hatten doch viele politische Vorhaben in den vergangenen Jahren hohe Wellen geschlagen. Und Thomas Hagenbucher (SVP) wähnte seinen Parteikollegen Zangger gar auf dem falschen Dampfer, als dieser bei ihm anklopfte, um ihn zu einer Kandidatur für den Gemeinderat zu überreden.
16 Jahre lang nicht aufgefallen
Hatte Hagenbucher nicht bereits 16 Jahre in der Rechnungsprüfungskommission gedient und sein Soll fürs Gemeinwesen längst erfüllt? Glaubt man dem Juristen, schien Zangger diese Kleinigkeit übersehen zu habe. Der Präsident habe ihm gesagt, es gehöre zur Bürgerpflicht, auch einmal für ein Behördenamt zu kandidieren, sagte Hagenbucher.
Als Finanzexperte käme ihm natürlich das Ressort Finanzen gelegen. Doch was, wenn dieses an seinen Mitstreiter Dominique Piaz-Reinert gehen würde? Der Moderator erkundigte sich beim CVP-Kandidaten, ob er keine Angst habe, dass ihm alle «driplappere» würden, wenn er Finanzvorstand wäre. Piaz-Reinert hatte für diese Frage jedoch nur ein Achselzucken übrig: «Nein, denn Zahlen sprechen immer für sich - da gibt es selten Diskussionen.»
Grosse Debatten gibt es in Zumikon ja ohnehin nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Südanflüge. Würde eine Fee dem Gemeinderatskandidaten Jürg Eberhard (FDP) drei Wünsche schenken, liesse dieser mit einem davon den Fluglärm verschwinden. Parteikollegin Milena Danielsen hingegen gab zu, dass sie sich an den Südanflügen gar nicht so sehr störe. - Die Kindertagesstätte, die sie gegründet hat, heisst übrigens Flügerberg.
Das Fluglärmempfinden der Kandidaten mag zwar verschieden sein, doch ihre Motivation für das politische Amt beschrieben sie alle mit ähnlichen Worten: Sie wollten dem Gemeinwohl dienen, Verantwortung übernehmen und ihr Wissen einbringen, hiess es meist. Und weil dagegen nichts einzuwenden ist, können sich die Zumiker glücklich schätzen, dass sie gleich alle Bewerber in die Behörde wählen können. - Fast alle jedenfalls, und damit wären wir bei der Kampfwahl um die fünfköpfige Schulpflege.
Profis schon vor der Wahl
Von Kampflust war allerdings auch bei den Anwärtern auf dieses Amt nicht viel zu spüren. Selbst der ansonsten redegewandte Moderator Winistörfer hatte dem nichts entgegenzusetzen. So liess er die neu kandidierenden Pierre Angst (SVP) und Werner Groener (parteilos) gewähren, wenn sie an seinen Fragen vorbeiredeten. Ihre politische Reife hätten die beiden damit schon einmal unter Beweis gestellt. Das gilt übrigens auch für die dritte Neukandidatin, Yvonne Peter (SP), die bereits das Vokabular der Schulpflege verinnerlicht hat. Wie die Bisherigen Andreas Hugi (FDP), Barbara Ehrat (FDP) und Christopher Hanan (CVP) pries sie die Vorzüge von ADL an. Für jene, die es nicht wissen: Bei ADL handelt sich weder um eine schnelle Internetverbindung noch um eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung, und eine neue Designerdroge ist damit ebenfalls nicht gemeint - sondern das altersdurchmischte Lernen.
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