Gebot zum EhebruchDu sollst fremdgehen, sagt die Bibel
Auf einem Flohmarkt in Neuseeland fand sich ein äusserst seltenes Bibelexemplar von 1631, in dem ein entscheidendes Wort fehlt.

Hatte Jesus etwas mit Maria Magdalena? War er sowieso Frauen gegenüber viel offener, als es die Bibel ist, waren gar einige Jünger von ihm Jüngerinnen? Und vor allem: Wäre er heute nicht erstaunt über die Art, wie der Vatikan seinen Glauben vertritt?
Klar ist nur:
Jesus Christus ist als historische Figur verbürgt.
Die Evangelien entstanden Jahrzehnte nach seinem Tod und enthalten jede Menge Legenden und Wunschfantasien.
Das Alte Testament wie auch die Thora haben zehn unmissverständliche Gebote aufgestellt, das Best-of eines Regelwerks, das zwischen dem 7. und 10. vorchristlichen Jahrhundert entstand.
Das Gebot gegen das Ehebrechen war als eine Art Rechtsschutz für den Mann gedacht, dessen verheiratete Frau ihm gehörte.
Auf die Zehn Gebote wird bis heute rekurriert, obwohl sich die wenigsten an alle halten. Besonders unbeliebt ist das sechste Gebot: Du sollst nicht ehebrechen. Das aber hatte nichts mit Erotik und Versuchung zu tun, sondern mit Besitzgarantie. Es war als eine Art Rechtsschutz für den Mann gedacht, dessen Frau als verheirateter Besitz ihm gehörte und von keinem anderen angegangen werden durfte.
«Thou shalt not commit adultery», heisst es in der hypnotisch schön übersetzten englischen Ausgabe der Bibel. Sie wurde unter König James zu Beginn des 17. Jahrhunderts angefertigt, damit auch jene sie verstehen konnten, die kein Latein sprachen; dogmatische Demokratisierung.
Die Sünderbibel
Vor einiger Zeit hat eine Familie im neuseeländischen Christchurch auf einem Flohmarkt, bei dem die Besitztümer eines Verstorbenen verhökert wurden, das Exemplar einer Bibel gefunden, bei dem ein Wort fehlt. Denn in dieser Version verbietet das sechste Gebot das Fremdgehen nicht, es fordert im Gegenteil dazu auf: «Thou shalt commit adultery», steht da geschrieben.
Von dieser Sünderbibel, wie sie genannt wird, sind weltweit gegen 20 Exemplare vorhanden – einige in den USA und in Grossbritannien, Kanada und Irland. Umso grösser war die Erregung beim Fund von Christchurch: Eine Tochter der Familie, die Mediävistik studierte, legte das Exemplar ihrem Professor vor; dieser habe, schreibt jetzt die britische Zeitung «Guardian», die Echtheit der falschen Bibel bestätigt. Man vermutet, dass sie einem britischen Buchbinder gehörte, der 2009 nach Neuseeland gezogen war.
Jean-Martin Büttner studierte Psychologie, Psychopathologie und Anglistik und dissertierte über die Psychoanalyse der Rockmusik. Von 1984 an arbeitete er für den «Tages-Anzeiger» in den Ressorts Kultur, Inland, Hintergrund, Analyse sowie als Korrespondent. Seit Anfang 2021 schreibt er als freier Autor.
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