Durch bei Rot in Zürich
Velofahrer sollen künftig auch bei roter Ampel durchfahren können. «Brandgefährlich» finden den Vorstoss die Kritiker.

In einem Punkt waren sich gestern Abend alle Gemeinderäte einig: Die Forderung der Grünliberalen – getauft «Idaho-Stopp» – hat den falschen Namen.
Der US-Bundesstaat Idaho führte 1982 ein neues Verkehrsregime für Velos ein: Vor einem Stoppschild müssen Velofahrer nicht mehr zwingend anhalten. Umsehen reicht, wie bei einem Kein-Vortritt-Schild. Auch vor roten Ampeln müssen sie nicht mehr warten, bis diese auf Grün springen. Sie können das Rot wie ein Stoppschild behandeln, also lostreten, falls nichts kommt.
Zürich ist nicht Idaho
In Idaho lebten kaum Menschen, spotteten die Gegner, da könne man locker so lasch sein. In Zürich funktioniere das aber nicht. Stimmt, fanden auch die Postulanten Sven Sobernheim und Shaibal Roy (beide GLP). Spontan tauften sie ihr Anliegen um, in «Paris-Stopp». In der französischen Hauptstadt gelten die gleichen Erleichterungen seit 2015.
Ziel sei es, sagte Sobernheim, das Velofahren attraktiver zu machen. Der Paris-Stopp ermögliche dies auf einfache und günstige Weise, indem man Velofahrer nicht mehr unnötig einschränke. Die jetzigen Verkehrsregeln orientierten sich an den schnellsten und schwersten Verkehrsteilnehmern. Die bedeutend langsameren Velofahrer mit ihrer besseren Übersicht könnten sich auch ohne Stoppschilder und gewisse Rotlichter sicher bewegen. Auf stark befahrenen Kreuzungen gälte das Rotlicht hingegen weiterhin. So läuft das auch in Paris.
«Gefährliche Klientelpolitik»
Von einem «brandgefährlichen» Vorstoss sprachen die Kritiker. Zu diesen gehörten nicht nur FDP und SVP, sondern auch viele Grüne. Das Abschwächen der Hemmschwelle Rotlicht senke die Aufmerksamkeit in zentralen Momenten, sagte der Velopolitiker Markus Knauss.
So Velo-unfreundlich ist Zürich. Der TA fährt übers Bellevue und andere Zürcher Knotenpunkte. (Video: Lea Blum)
Aus Sicht der Bürgerlichen handelt es sich beim Postulat um «Klientelpolitik». Illegales Verhalten, das leider zu viele Velofahrer bereits pflegten, würde damit legalisiert. Wer den Velofahrern einen Gefallen tun wolle, müsse dagegen stimmen. Eine Lockerung sei «verantwortungslos» und drücke die hohen Unfallzahlen weiter nach oben. Laut EVP müssen Verkehrsregeln möglichst einfach und allgemein sein. Ausnahmen wie der Paris-Stopp überforderten alle.
Auch Richard Wolff (AL), noch für kurze Zeit Vorsteher des Sicherheitsdepartements, hält den Versuch für zu riskant. Er bräuchte ausserdem die Zustimmung des Bundes. Und diese bekäme man kaum, sagt Wolff.
Eine lockere Mehrheit
Versuchen müsse man es trotzdem, entgegneten Sobernheim und Roy. Zürich eigne sich bestens für ein Pilotprojekt. Beide verwiesen auf Paris. In der dichten 2-Millionen-Innenstadt hätten sich die gelockerten Regeln bewährt und sogar die Verkehrssicherheit erhöht. Also spreche in Zürich nichts dagegen.
SP und AL sahen die Zusatzgefahr ebenfalls nicht. Und so erreichte der Paris-Stopp trotz einiger grüner Nein-Stimmen eine komfortable Mehrheit von 70 Ja-zu 45 Nein-Stimmen. Der Stadtrat muss nun prüfen, wie sich die Erleichterungen in Zürich realisieren lassen.
Eine andere Regellockerung für Velos könnte laut Richard Wolff aber schon bald umgesetzt werden: das Rechtsabbiegen bei Rot. Auf Bundesebene befinde sich diese Massnahme in der Vernehmlassung. In Basel gilt sie seit Jahren. Der dortige Versuch habe gezeigt, dass die Änderung nur Vorteile bringe.
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