Durchzogener Start des neuen Zürcher Kulturtempels
Vor einem Monat hat das Kulturhaus Kosmos eröffnet. Das Kino ist bloss zu 9 Prozent ausgelastet – andere Bereiche überraschten dafür.
Zwei Besucher stehen an der Bar im Foyer des Kulturhauses. Sie schauen etwas hilflos umher. «Suchen Sie die Kinokasse?», fragt Martin Roth, Kosmos-Geschäftsführer. Die beiden drehen sich um, bejahen. «Da müssen Sie die Treppe hinunter, die Bar öffnet erst am Abend.» Das schwarze Schild, das ihnen diesen Hinweis ebenfalls gegeben hätte, haben die Besucher übersehen.
Eine symptomatische Szene. Das Team müsse noch einige Abläufe optimieren, resümiert Roth nach dem ersten Monat Kosmos. Normalbetrieb herrsche hinter den Kulissen noch nicht. «Jahrelang haben wir alles geplant, und dann ist plötzlich Eröffnung, und wir sind mit Überraschungen konfrontiert, die nicht vorhersehbar waren.» Viele seien erfreulich, andere weniger. Der Kulturtempel an der Lagerstrasse, 4700 Quadratmeter gross, mit Bistro, Bar, Buchsalon und Kino, musste viel Kritik einstecken und als Symbol der Gentrifizierung herhalten. «Diese Diskussionen zu führen, ist okay. Aber die Europaallee gibt es nun mal, und wir versuchen, das Beste daraus zu machen», sagt Roth.
Kaum Reservationen
Im Vorfeld stand das Kino im Mittelpunkt der Berichterstattung. Knapp 800 Plätze, sechs Säle. Das Programm: «Greater Arthouse». Ein Blick auf das Online-Reservationstool zeigt jedoch, dass kaum Plätze reserviert werden. «Die Auslastung beträgt derzeit rund 9 Prozent», räumt Roth ein. Das Ziel: 20 Prozent. Unter den Erwartungen seien diese Zahlen jedoch nicht. «Bevor wir Massnahmen ergreifen, beispielsweise im Marketing, müssen wir die Entwicklung noch weiter beobachten.» Ein Kino brauche etwas mehr Schnauf, sagt Roth.
Auch Konkurrent Frank Braun von den Riffraffund Houdini-Kinos findet es zu früh, den Einfluss des Kosmos abzuschätzen: «Der September war schon immer ein zäher Kinomonat», sagt er. Die Besucherzahlen würden ohnehin je nach Wetter und Filmangebot von Monat zu Monat stark schwanken. In seinen Kinos hat er allerdings keinen Besucherrückgang registriert.
Gut besuchte Lesungen
Zu den erfreulichen Überraschungen im Kosmos zählt Geschäftsführer Roth viele positive Meldungen von Besuchern. Oder zum Beispiel die Abende im Foyer: «Bei der Lesung von Arundhati Roy waren 300 Leute hier, eine tolle Atmosphäre.»
Auch die Umsätze in der Bar, im Bistro und dem Buchsalon stimmten bisher, sagt Roth. Aber: «Wir haben überall noch enormes Potenzial.» Zum Beispiel müsse im auffällig gut besuchten Bistro die Organisation verschlankt werden. Roth setzt sich an einen Tisch, verschränkt die Arme und sagt: «Sie wollen eine Zwischenbilanz? Schwierig. Wir freuen uns über unglaublich vieles, sehen das Potenzial und haben gleichzeitig noch sehr viel Arbeit vor uns.» Bis eine Art Normalbetrieb herrsche, dürften nicht mehr viele Monate vergehen.
Im Buchsalon herrscht an diesem Nachmittag eine Art Normalität. In einer Ecke spielen Mütter mit Kindern. Daneben lernen Studierende, andere arbeiten an Laptops. Es sei schön zu sehen, sagt Roth, dass bereits jetzt alle möglichen Leute im Kosmos verweilten.
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