Dutzende Frauen und Kinder «massakriert»
Die Gewalt in Homs hat offenbar eine neue Stufe erreicht: Dutzende Kinder, Frauen und Männer sollen bei einem Massaker von Assad-Kämpfern ermordet worden sein. Im Internet kursieren Videos.
Regierungsnahe syrische Milizen haben nach Angaben von Regierungsgegnern in der Rebellenhochburg Homs mindestens 47 Frauen und Kinder «massakriert». «Die Leichen von mindestens 26 Kindern und 21 Frauen sind in den Vierteln Karm al-Seitun und Al-Adawije gefunden worden, einige mit durchschnittener Kehle, andere erstochen», berichtete Hadi Abdallah, örtliches Mitglied der «Generalkommission der syrischen Revolution» der Nachrichtenagentur AFP. Das Blutbad sei am Sonntag von Mitgliedern der Schabiha begangen worden, bewaffnete Milizionäre von Präsident Bashar al-Assad. Die Taten seien zudem unter dem Schutz regulärer Soldaten verübt worden.
Die staatlichen syrischen Medien machten für das Blutbad dagegen «terroristische Banden» verantwortlich. Das Staatsfernsehen warf «bewaffneten terroristischen Banden» vor, Bewohner aus Homs «verschleppt, getötet und gefilmt» zu haben, «um internationale Reaktionen gegen Syrien auszulösen».
In einer Meldung der Nachrichtenagentur Sana hiess es, Terrorgruppen hätten viele Zivilisten getötet, die Leichen verstümmelt und diese gefilmt. Aktivisten in Homs machten Milizen verantwortlich, die für Präsident Bashar al-Assad kämpften. Auf Youtube wurde ein Video veröffentlicht, welches Dutzende Leichen zeigt. Aufgrund der schwierigen Situation für unabhängige Beobachter in Syrien konnten die Informationen von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden.
Unübersichtliche Lage in Homs
Ein Arzt aus Homs berichtete im Gespräch mit dem Nachrichtensender al-Arabiya ausserdem von zahlreichen Vergewaltigungen. Er sagte, es fehle an medizinischen Hilfsmitteln, um Dutzende Verletzte zu behandeln. Die syrische Opposition rief er auf, endlich mehr Einigkeit zu zeigen. Erst dann werde sich die internationale Gemeinschaft zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die Menschenrechtsverletzungen des Assad-Regimes durchringen, sagte er.
Aus Furcht vor weiteren Massakern flohen nach Angaben von Oppositionellen hunderte Familien in der Nacht aus Homs, unter anderem aus Karm al-Seitun. Laut Hadi Abdallah gelang es Mitgliedern der gegen den Präsidenten kämpfenden Freien Syrischen Armee, die Leichen des Massakers in den sichereren Stadtteil Bab Sebaa zu bringen und dort zu filmen. «Wenn die internationale Gemeinschaft schweigt, können künftig noch weitere Massaker geschehen», erklärte Abdallah. «Wir fordern ohne Umschweife eine ausländische Militärintervention, Militärschläge gegen das Regime und die Bewaffnung der Freien Syrischen Armee.»
Flucht aus Idlib
Weitere 24 Zivilisten sollen nach Angaben der Opposition in der Nacht getötet worden sein, als sie versuchten, die Stadt Idlib zu verlassen. Von unabhängiger Seite sind derartige Berichte nur schwer zu überprüfen, weil Syrien keine freie Berichterstattung der Medien erlaubt.
Die Gewalt in Syrien sollte im Laufe des Tages Thema einer Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats sein. Am Rande war ein Treffen von US-Aussenministerin Hillary Clinton mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow vorgesehen.
Prominente fordern Lösung
Vor der Sitzung des UNO-Sicherheitsrats haben etwa 50 Intellektuelle und frühere Politiker aus aller Welt eine Einigung des Westens, Russlands und Chinas in der Syrien-Frage gefordert. Die Aussenminister wollen im Laufe des Tages in New York zu Beratungen über Syrien zusammenkommen.
Die Verantwortung für die Gewalt trügen zwar «jene in Syrien, die fürchterliche Verbrechen erlauben oder selbst begehen», zitierte die «Süddeutsche Zeitung» am Montag aus einem Schreiben der bekannten Persönlichkeiten an die 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats. Jedoch gebe die Uneinigkeit der Weltgemeinschaft Syriens Führung das Gefühl, «gewalttätige Unterdrückung sei ein gangbarer Weg».
Russlands Blockadehaltung
Zwischen dem Westen und Russland herrschen Spannungen, weil das Land zusammen mit China seit geraumer Zeit eine UNO-Resolution zur Verurteilung der Gewalt in Syrien blockiert. Russland gilt als engster Verbündeter Syriens. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören laut der Zeitung die früheren Präsidenten Deutschlands und Südafrikas, Richard von Weizsäcker und Frederik Willem de Klerk, der Philosoph Jürgen Habermas, die Schriftsteller Umberto Eco und David Grossmann, die Friedensnobelpreisträger Shirin Ebadi und Jody Williams sowie die russische Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa. «Um das Patt zu beenden, muss Russland mit den anderen internationalen Partnern zusammenarbeiten», fordern sie demnach in ihrem Schreiben.
Unterdessen wurde in den USA die Beisetzung der in Homs getöteten Journalistin Marie Colvin vorbereitet. Die Trauerfeier für die Reporterin der «Sunday Times» sollte in der katholischen Kirche St. Dominic in Oyster Bay auf Long Island stattfinden. Die 56-Jährige war am 22. Februar bei einem Artillerieangriff der syrischen Regierungstruppen auf die belagerte Stadt Homs ums Leben gekommen.
SDA/ AFP/ dapd/bru, jak
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