Ein Betrug wie ein schlechter Witz
Ende letzter Saison soll ein belgischer Spielerberater versucht haben, den KV Mechelen vor dem Abstieg zu retten. Das misslang – und es fiel der Polizei auf.

Dejan Veljkovic ist ein jovialer Typ. Menschen, mit denen er häufiger zu tun hat, nennt er gerne «my friend». So hat sich der serbische Spielerberater gute Beziehungen im belgischen Fussball erarbeitet. Und er hatte einen cleveren Kniff, wie er fast immer ein Plätzchen für seine Spieler aus Osteuropa und Afrika fand: Er installierte in mehreren Clubs von ihm beratene Trainer – die dann nur zu gerne auf Spieler zurückgriffen, die ebenfalls bei Veljkovic unter Vertrag standen.
Das alles war in Belgien kein grosses Geheimnis. Vor allem beim KV Mechelen galt Veljkovic als Haus-Agent. Und das nicht nur zum Nachteil des Vereins. Mit mehreren Spielern, die der Serbe zu Mechelen und weiter transferierte, machte der Club nette Gewinne. Eigentlich lief alles ganz gut für Veljkovic.
Sein Verhängnis scheint nun aber zu werden, dass ihm dieses System alleine nicht reichte. Er soll laut der belgischen Staatsanwaltschaft auch angefangen haben, von den Clubs verdeckte Zahlungen für sich und seine Spieler zu fordern. Diese Gelder flossen am belgischen Staat vorbei nach Zypern, Montenegro und Serbien.
Als Polizisten dem Vieltelefonierer Veljkovic ab Herbst 2017 wegen des vermuteten Steuerbetrugs sowieso schon zuhörten, fiel ihnen noch etwas anderes auf. Veljkovic drohte ein grösserer finanzieller Verlust, weil ausgerechnet sein Haus-Club Mechelen vom Abstieg bedroht war. Das hätte den Wert seiner Spieler vernichtet. Das konnte Veljkovic scheinbar nicht zulassen.
Für Dejans Freunde gab es Auto-Rabatt und gutes Essen
Also setzte Veljkovic auf seine «friends». Dazu gehören unter anderem auch belgische Spitzenschiedsrichter. Dem einen, Sébastien Delferière, hat er beim Kauf eines VW Tiguan (Listenpreis: 30'000 bis über 60'000 Franken) einen Rabatt verschafft, wie der Garagist bestätigte. Mit dem anderen, Bart Vertenten, ging er immer wieder nach Spielen gut essen.
Ausgerechnet dieser Vertenten pfiff in der zweitletzten Runde die Partie des ebenfalls abstiegsbedrohten Eupen in Antwerpen. Auf der Website von Eupen stand nach dem 0:2: «In der 28. Minute sprach der Unparteiische den Gastgebern einen Elfmeter zu, für ein Foul, das ausserhalb des Strafraumes stattgefunden hatte.»
Um den Schiedsrichter etwas zu schützen, scheint Veljkovic auf zwei weitere seiner Freunde zurückgegriffen zu haben. Zwei belgische Journalisten sollen von ihm angefragt worden sein, ob sie Vertenten nicht gute Noten geben könnten.
Die Niederlage von Eupen in Antwerpen ist eine von zwei Partien, die die Staatsanwaltschaft untersucht. Die andere ist jene zwischen Mechelen und Waasland-Beveren in der letzten Runde der Saison 2017/18. Hier sollen mehrere Mitglieder des Vorstands von Beveren durch Funktionäre von Mechelen kontaktiert worden sein.
Bei all diesen Anstrengungen und Risiken mutet der Ausgang des Abstiegskampfs wie ein Witz an: Mechelen schlug Beveren zwar 2:0. Weil aber Eupen gleichzeitig seine letzte Partie der Saison gegen Mouscron gleich mit 4:0 gewann, stieg Mechelen trotzdem ab. Wegen der um einen Treffer schlechteren Tordifferenz ...
Luxus-Uhren, Bargeld und ein freigelassener Trainer
Gestern nun die bislang letzte schlechte Nachricht für Veljkovic und seine Freunde: Bei 57 Razzien nahm die Polizei in Belgien und sechs weiteren europäischen Ländern 33 Personen vorübergehend fest.
Der Bekannteste, der die Nacht auf den Donnerstag in Polizeigewahrsam verbringen musste, ist Ivan Leko. Der Trainer des FC Brügge ist ein weiterer von Veljkovics «friends» und wurde laut seinem Anwalt zu möglichen Schwarzgeldflüssen befragt. Gestern Nachmittag wurde Leko freigelassen.
Beschlagnahmt wurden in Belgien die Verpackungen von Luxus-Uhren im Wert von 8 Millionen Euro, dazu Juwelen, Uhren und Bargeld. Im Ausland wurden Vermögenswerte von 3,4 Millionen Euro beschlagnahmt.
Es ging dabei nicht alleine um Veljkovic. Mit Arnaud «Mogi» Bayat hatte ein anderer in Belgien tätiger Agent ähnliche Vorstellungen, was das Versteuern von Beraterhonoraren betrifft.
Bei ihm scheint der Betrug sogar noch weiter gegangen zu sein. Er soll Transfers zuungunsten der von ihm «beratenen» Spieler und Vereine so manipuliert haben, dass er möglichst viel Gewinn in die eigene Tasche abzweigen konnte. Das war für ihn möglich, weil er sich darauf spezialisiert hatte, als Zwischenhändler Transferverhandlungen für Clubs zu leiten, die Abnehmer für ihre Spieler suchten.
Lebenslange Sperren und ein abgesagter Spieltag
Gestern Abend gab der belgische Verband bekannt, dass er sowohl Delferière als auch Vertenten lebenslang sperren will. «Sie haben mein Vertrauen missbraucht», sagte Schiedsrichter-Obmann Johan Verbist, «ich kann mir nicht vorstellen, dass die beiden noch einmal auf einem Fussballplatz stehen können.»
Schliesslich verschob der belgische Verband die nächste Runde der zweithöchsten Liga vom kommenden Wochenende auf ein späteres Datum. Grund dürfte sein, dass mehrere Vorstandsmitglieder des KV Mechelen unter Betrugsverdacht stehen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch