«Ein Boykott wäre nicht opportun»
Immer mehr Staatsoberhäupter wollen die Fussball-EM in der Ukraine boykottieren. Der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer ist anderer Meinung.

Ueli Maurer hält nichts von einem Boykott der Fussball-EM. Eine Sprecherin des Verteidigungsdepartements VBS bestätigte heute auf Anfrage der sda Berichte der «Tagesschau» von Schweizer Fernsehen SF und der «Neuen Luzerner Zeitung». In die Ukraine reist er trotzdem nicht. Er besucht nur das Eröffnungsspiel der Fussball-EM in Polen.
Maurer halte es für «nicht opportun», Sportanlässe für politische Statements zu missbrauchen. Er reise aber Anfang Juni für einen Arbeitsbesuch nach Polen, das die Fussball-EM gemeinsam mit der Ukraine austrägt. Neben einem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen werde er auch am Eröffnungsspiel Polen-Griechenland vom 8. Juni in Warschau teilnehmen, sagte die Sprecherin.
Timoschenko zusehends «geschwächt»
Die inhaftierte ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko ist nach anderthalb Wochen Hungerstreik zusehends geschwächt. Ihre Mutter sei «sehr geschwächt» und in schlechter Verfassung, sagte Timoschenkos Tochter Jewgenia in Prag. Der Zustand ihrer Mutter verschlechtere sich, sagte Jewgenia Timoschenko. «Wir haben keine Zeit mehr.» Die 32-Jährige begrüsste den angekündigten Boykott des Treffens mitteleuropäischer Staatschefs Mitte Mai im ukrainischen Jalta durch Bundespräsident Joachim Gauck und mindestens vier weitere EU-Staatschefs.
US-Aussenministerin Hillary Clinton erklärte, die USA seien «zutiefst besorgt» über den Umgang mit Timoschenko und anderen inhaftierten Mitgliedern ihrer früheren Regierung. Angesichts von Berichten über eine Misshandlung Timoschenkos prangerte Clinton die «fragwürdigen Bedingungen ihrer Haft» an und verlangte, dass die Politikerin umgehend eine medizinische Behandlung bekommen müsse.
Angesichts der politischen Lage will EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nicht zur Fussball-EM in die Ukraine reisen. Nach Informationen des «Spiegel» erwägt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Boykott der Spiele durch das Bundeskabinett. Ein Besuch Merkels hängt nach Regierungsangaben von der Achtung rechtsstaatlicher Prinzipien und dem Umgang mit Timoschenko ab.
Meisterschaft findet statt
Der ukrainische Aussenamtssprecher Oleg Woloschin warnte angesichts der Boykott-Diskussionen vor «Methoden wie im Kalten Krieg». Der Sport dürfe nicht zu einer «Geisel der Politik» gemacht werden, sagte Woloschin der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Bundesaussenminister Guido Westerwelle (FDP) wies den Vorwurf zurück. Der Vergleich mit «Methoden wie im Kalten Krieg» sei «abwegig», sagte er. Es gehe um eine angemessene Behandlung Timoschenkos und die Wahrung rechtsstaatlicher Normen.
Der Europäische Fussballverband (Uefa) habe bei einer Sitzung in der Schweiz entschieden, dass die Europa-Meisterschaft weder verlegt noch verschoben werde, sagte der ukrainische Verbandssprecher Markijan Ljubkiwski. Politiker mehrerer deutscher Parteien sprachen sich für eine Verlegung der in der Ukraine geplanten EM-Spiele nach Deutschland oder eine alleinige Ausrichtung der Europameisterschaft durch Polen aus.
Die an Bandscheibenproblemen leidende Timoschenko verbüsst eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Zudem wurde gegen sie ein neuer Prozess wegen Korruption eröffnet, der ihre Haft bis ins Jahr 2023 verlängern könnte.
sda/AFP/kle
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