Mütter sollen wieder arbeiten gehen, wenn das jüngste Kind vier Jahre alt ist. Bisher konnten sie bundesgerichtlich geschützt zu Hause bleiben, bis ihr Jüngstes zehn Jahre alt war. Der Vater musste bis zu diesem Zeitpunkt für Mutter und Kind aufkommen – zumindest in den meisten Fällen von getrennt lebenden Eltern. Das Bundesgericht ist in den letzten Jahren schon von dieser heillos veralteten Regel abgewichen, indem es gut begründete anders lautende Urteile toleriert hat. Doch mit dem gestern publizierten Urteil betreffend einer sechsköpfigen Familie aus dem Kanton St. Gallen verabschiedete es die sogenannte 10/16-Regel endgültig.
Nun ist zu hoffen, dass dieser Entscheid eine Dynamik auslösen und die gesellschaftlichen Strukturen in der Schweiz verändern kann. Im besten Fall trägt er zu einer höheren Erwerbsquote der Frauen, insbesondere der Mütter bei – und im Idealfall letztlich zu mehr Lohn- und Chancengleichheit in der beruflichen Karriere.
Einseitige Abhängigkeit, weil eine Frau ihren Beruf niederlegt, rächt sich, wenn die Beziehung in die Brüche geht.
Wenn sich zwei entscheiden, Eltern zu werden, können sie trotzdem selbstständig und finanziell unabhängig bleiben. Einseitige Abhängigkeit, weil eine Frau ihren Beruf niederlegt, rächt sich, wenn die Beziehung in die Brüche geht. Das tritt laut Bundesamt für Statistik mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein.
Mütter vom Herd wegzuholen und an den Arbeitsplatz zurückzubringen, ist deshalb gut. Es braucht aber noch mehr, um den gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben: familienexterne Betreuungsangebote, die so günstig sind, dass sie das Zweiteinkommen nicht gleich wegfressen, sowie die Beweglichkeit von Arbeitgebern, auf die Bedürfnisse kinderbetreuender Angestellter einzugehen. In der Politik sind es die konservativen, bürgerlichen Kreise, die das traditionelle Familienmodell mit einem Ernährer hochhalten und gleichzeitig fordern, dass Frauen nach einer Trennung schnell wieder arbeiten gehen. Das passt schlecht zusammen. Es braucht einen breiten Effort, um Väter und Mütter in allen Lebensbereichen zu emanzipieren. Das Bundesgerichtsurteil ist ein Anfang.
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Ein erster Schritt
Das Bundesgericht schickt getrennte Eltern früher zurück zur Arbeit als bisher. Das ist gut.