Ein Halleluja von der CVP für Polit-Jungstar Sebastian Kurz
Die Christliche Volkspartei feiert den Erfolg des 31-jährigen Österreichers, der wohl der nächste Kanzler wird. Warum nur?
Es ist jetzt viel von der Zukunft die Rede, und obwohl das bei einer richtungsweisenden Wahl wie jener des neuen Parlaments in Österreich auch einleuchtet, ist doch eine ganz bestimmte Art von Zukunft gemeint. Eine hoffnungsvolle, eine andere. Vor allem: eine mit frischem Wind, die den Mief des alten Establishments wegbläst.
Laut vorläufigem Endresultat ist die Österreichische Volkspartei (ÖVP) des 31-jährigen Sebastian Kurz mit 31,6 Prozent der Stimmen Wahlsiegerin, Kurz damit wahrscheinlich der neue Kanzler.
CVP-Nationalrätin Kathy Riklin (ZH) hat Kurz bereits jetzt schon ihre Glückwünsche ausgerichtet: Auf Twitter postete sie ein Foto, das die beiden zusammen zeigt, strahlend. Es ist am CVP-Parteitag vor zwei Jahren entstanden, an dem die CVP das «Manifest für die Zukunft» verabschiedet hat.
Die Beziehung zwischen Sebastian Kurz und der CVP scheint allgemein innig. Schon vor ein paar Tagen bedankte Kurz sich, ebenfalls via Twitter, bei der CVP für deren «Unterstützung». Er postete ein Video, in dem unter anderen Béatrice Wertli, Generalsekretärin der CVP Schweiz, einen Auftritt hat und Kurz für den Wahlkampf viel Erfolg wünscht. Ihr letzter Satz lautet: «Ich freue mich und bin stolz darauf, Teil dieser Bewegung zu sein, der Zukunft Europas, der Zukunft der Volkspartei.»
Sehnsucht nach dem «Tatmenschen»?
Will die CVP etwas von diesem Glanz abhaben, den der adrette Kurz verkörpert, der darum immer wieder mit Emmanuel Macron verglichen wird? Beide sind jung, beide sind charismatisch, und beide sind Männer, die sich explizit vom Alten lossagen und Neues versprechen – Macron mit seiner neu gegründeten Bewegung En Marche, die ihn ins Präsidentenamt trug, und Kurz mit seiner Umdeutung der ÖVP zu seiner eigenen, nämlich der «Liste Sebastian Kurz», die ihm jetzt diesen Erfolg beschert hat.
Gibt es also auch in der Schweiz diese Sehnsucht nach einem jungen «Tatmenschen», wie der Politologe Albrecht von Lucke den Österreicher im SRF-«Tagesgespräch»bezeichnete? Nach einer Figur, die den Eindruck erweckt, direkt durchgreifen zu können und nicht die mühseligen Prozesse einer Demokratie abwarten zu müssen?
Solche «Einmann-Überflieger» könne es in der Schweiz niemals geben, sagt Kathy Riklin, dafür sei unser System zu austariert. Solche Leute würden abgestraft, das habe man ja gesehen. Riklin meint Christoph Blocher, der 2007 als Bundesrat nicht wiedergewählt wurde.
Sie freue sich einfach über den Erfolg von Kurz und habe darum das Foto gepostet. «Die ÖVP gehört zur EVP und ist unsere Schwesterpartei, und Kurz ist ein Europäer, der sich zur EU bekennt.» Das sei ihr das Wichtigste.
Aber klar: Kurz bringe frischen Wind mit sich, er fasziniere, er sei freundlich und ein «Naturtalent», das sachlich argumentiere und über grosse Dossierkenntnis verfüge. Im Unterschied zu Macron habe er zudem eine Partei hinter sich, die für Tradition und Erfahrung stehe. Und dass er sich während des Wahlkampfs stark von seiner Mutterpartei abgegrenzt habe, sei nötig gewesen. «Sonst hätte er nicht gewonnen.»
Eine «anständige» Partei
Wenn man Riklin zuhört, merkt man, dass sie in den österreichischen Wahlen, deren Ergebnisse gemeinhin als Rechtsruck verstanden werden, etwas anderes sieht: eine Stärkung der Volkspartei. Die Stärkung ihrer Schwesterpartei.
Die ÖVP hat laut Riklin gezeigt, dass sie gegen Parteien wie die FPÖ am rechten Rand ankommt und den Wählerinnen und Wählern eine Möglichkeit bietet, eine «anständige Partei» zu wählen. Dass sich die ÖVP inhaltlich der FPÖ angenähert hat, verlange leider der Zeitgeist, meint Riklin. «In der Realität geht es am Schluss darum, ein Land verantwortungsvoll zu regieren.»
Der Politologe Albrecht von Lucke kommt bei seiner Analyse, wenig überraschend, zu einem anderen Befund als Riklin: Diese Bewunderung, die Kurz entgegenschlage, habe einen zutiefst «antiinstitutionellen Effekt», der eine Erosion der Volksparteien mit sich bringe. «Ich halte das für sehr bedenklich.» Und wenn Kurz, sobald er an der Spitze des Landes ist, nicht halten könne, was er verspreche, werde das die Krise der Demokratie nur noch vergrössern.
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